Dienstag, 7. Juni 2011

Venedig sehen - aber noch lange nicht sterben



900 Kilometer vom Heimatstädtchen entfernt findet sie also gerade wieder statt und auch in diesem Jahr kann ich sie leider nicht besuchen - die Biennale in Venedig. Schade, schade. Auf der anderen Seite könnte ja bis November noch einiges passieren und vielleicht fahren wir dann doch noch.


In den deutschen Pavillion traute ich mich dann sicher nicht hinein. Also würde ich draußen in der Sonne stehen bleiben und das Tempelchen, das seit einer unsäglichen Epoche versucht, ein Monumentalbau zu sein, mit seinem diesjährigen Schriftzug EGOMANIA statt des manchmal schwer verdaulichen GERMANIA betrachten. Wagners Parsifal, die Todesschreie und Gebete aus Christophs Schlingensiefs "Kirche der Angst vor dem Fremden in mir", die sich mit dem "Leben wollen, aber Sterben müssen" auseinandersetzt, drängen trotzdem zu mir heraus. Das dadurch entstehende Tremendum genügte mir, ich würde sowieso weinen.



Ich war und bin Fan dieses Menschen, Künstlers und Regisseurs. Im letzten Jahr verfolgte ich seinen Schlingenblog, dessen letzter Eintrag mir nach dem Sommerurlaub ans Herz griff.
Dass der deutsche Pavillon als Gedenkstätte Schlingensiefs , so umstritten er doch war, nun den Goldenen Löwen verliehen bekam, ist einfach schön.
Natürlich würde ich letztendlich doch hineingehen und mich erschüttern lassen.


Anschauen würde ich mir auch den französischen Pavillon mit der riesigen Installation des Künstlers Christian Boltanski. Glück oder Unglück - Schicksal oder Zufall? Was wäre gewesen, wenn sich unsere Eltern jeweils drei Sekunden später vereinigt hätten oder zwei Minuten oder einen Tag später? Wer wäre man dann?
Hier kann man virtuell an einem Mix Max Spiel teilnehmen, jeden Tag einmal, und - mit Glück, aus dem Zufall heraus oder weil es das Schicksal so wollte - ein Kunstwerk gewinnen. Bräuchte man aber eine Menge Platz dafür. Also erst einmal überlegen bevor man "Jouer" klickt.



Lustig stelle ich mir den italienischen Pavillon vor, der die Kunst des Einzelnen in ihre Schranken weist und als wildes, buntes, aufgeregtes und verrücktes Konglomerat daher kommt. So etwas gefällt mir.
Das ist übrigens sehr gut, denn wenn ich mich hier so umschaue ...



Die Amerikaner nehmen sich in diesem Jahr selber auf die Schippe und lassen einen Profisportler einen umgekippten Panzer als Laufband nutzen - upcycle nennt man so etwas, das Upgraden oder wertoller Machen durch Verbessern der Funktion und / oder Verschönerung der Sache. So etwas finde ich sehr sympathisch.

Außerdem ist Venedig ja sowieso eine Reise wert, all dieser faulige morbide Charme und am Strand könnte man nach Muranoglasperlen suchen ... Vielleicht im Herbst, das wäre schön

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