Samstag, 22. November 2014

Leseförderung und die Wahrheit: Zum Lesen zwingen, kann man niemand, aber ...



Ich könnte immer wieder vor mich hinlachen, wenn ich an die Episode einer Lesenacht denke, die mir mein Sohn einst erzählte.
Alle Kinder der damals Vierten hatten es sich in ihren Schlafsäcken auf dem Boden des Klassenzimmers gemütlich gemacht. Wir Eltern hatten für ein leckeres Büffet gesorgt und jedes Kind sollte sein Lieblingsbuch vorstellen. Schließlich war ein pfiffiges Kerlchen an der Reihe, das gemeinhin nur tolle Noten schrieb. Der Kleine las allerdings nicht so gerne. Trotzdem hatte er ein buntes Buch dabei und die Kinder erwarteten gespannt seine Lesung.
„Zack! Bum! Bäm! Wusch! Zaperlap! Zaperlip!“ Dazwischen etwas Dialog.
Die Zuhörer konnten es sich nicht verkneifen, in Gelächter auszubrechen, obwohl das streng verboten war. Schließlich warf der kleine Vorleser das LTB Taschenbuch wütend in die Ecke.
Dabei finde ich die Lustigen Taschenbücher wunderbar. Sie haben zwar wenig Worte dafür jedoch eine gehobene Ausdrucksweise. Mein Sohn verschlang sie, sobald er lesen konnte. Darum aß er auch nicht, sondern speiste, und er erfragte immer wieder geschichtliche Details unserer Wirklichkeit, die er in ähnlicher Form schon durch die Vorfahren Entenhausens erfahren hatte. Allerdings kann man LTBs tatsächlich nicht vorlesen. Andere Bücher hatte der Junge aber nicht. Er laß eben einfach nicht gerne.

Nach hunderten Lesungen, die ich Kindern gab, kann ich sagen, er ist damit nicht alleine. Irgendwo hörte ich einmal, etwa 10 % der 10jährigen Jungs würden lesen. (Im Gegenzug zu 90% lesender Mädchen.) Ob diese Zahlen stimmen, weiß ich nicht, aber meine Erfahrung zeigt ganz deutlich: Spätestens bei Lesungen ab der 5. Klasse trennen sich die Geister. Man spürt, dass das Buch längst durch Handys, Playstations und Computer ersetzt wurde. Die Fähigkeit bei einer Lesung stille zu sitzen oder gar aufmerksam zuzuhören, nimmt rapide ab. Versuchen sich die Kinder der Gymnasien noch vorbildlich und wohlerzogen zu benehmen, pfeffern einem die Hauptschüler ehrlich ihre Meinung um die Ohren.

Ich finde das nicht schlimm. Viele Kinder lesen nicht gerne und finden es langweilig, vorgelesen zu bekommen. Punkt. Da ändert auch die sogenannte Leseförderung nicht zwangsläufig etwas dran.
Ich versuche darum, die Kids mit wilden Grimassen, extra lustigen (nicht zu langen) Stellen, mit verstellter Stimme, mit einem anschließenden Quiz mit kleinen Preisen und lautem Jubeln aus der Reserve zu locken. Das klappt zu 99% auch supergut. Dafür knallt das eine Prozent dann extra hart rein. Denn obwohl ich es toll finde, wenn die Kids ehrlich sind, obwohl ich es akzeptiere, wenn Bücher für manche überhaupt keine Rolle spielen, bedauere ich es doch sehr, wenn man sie schon mit 10 Jahren für das Buch verloren hat oder gar niemals hatte. Lesungen vor solchen Kindern strengen mich psychisch und stimmlich sehr an. Denn ich versuche es natürlich trotzdem. Gerade dort.

Ich kann mir jedoch noch so viel Mühe geben und einem Derwisch gleich tanzend und jubelnd das Leseerlebnis feiern, Kinder, denen nie gesagt wurde, wie wunderbar Bücher sind und dass es lohnt, sich durch die schwiergen Anfänge des Lesens (ja, manchmal auch) zu quälen, werden mich immer nur mit offenem Munde anstarren, mich für bekloppt halten und sich dann wieder ihrem Nachbarn oder irgendeiner Sache in ihrer Tasche oder vor dem Fenster zuwenden.

Das Wort bildungsfern klingt ganz, ganz schlimm, aber es bezeichnet vielleicht am diplomatischsten eine Tatsache. Kindern aus solchen Familien wird weniger vorgelesen und es werden ihnen auch viel seltener Bücher gekauft. Dass sie eine Liebe dazu entwicklen sollen, scheint ohne etwas Aktion und Jubel beinahe unmöglich.
Und dann sind da eben noch jene, die einfach nicht gerne lesen und vom Buch per se nichts halten. Die vermag sicher auch ich nur zu einem Bruchteil vom Gegenteil zu überzeugen. Aber ich bin zumindest ein Versuch. Ein Versuch der unter die Rubrik Leseförderung fällt und zumeist von Sponsorengeldern bezahlt wird.
Doch die können völlig verschwendet sein, und das vielleicht an Orten, wo sie gerade hätten nutzen können, wenn man einer völlig unvorbereiteten Klasse einfach einen Autoren vor die Nase setzt. Der ist dann schlicht und nix anderes als die Freistunde.
In leseunwilligen und buchfernen Klassen würden nur die Kids, die sowieso schon lesen, sich nach einer Autorenlesung ein weiteres Buch aus der Bibliothek holen. Vielleicht noch zwei drei mehr, wenn ich total heiser, völlig erschöpft und am Ende meiner Kräfte nach Erzählen, schauspielerischer Darstellung der spannensten Buchpassage, Quiz und ausführlicher Fragerunde voll sprühenden Witzes aus dem Klassenzimmer wanke.

Nein, so geht es nicht! Gewisse Dinge benötigen der Vorbereitung. Zum Beispiel durch einen selbst begeisterten Lehrer. Wenn ich vor oder zwischen den Lesungen unbemerkt im Lehrerzimmer sitze und Zeuge von ärgerlichen Ausrufen werde wie „Jetzt haben wir heute auch noch die blöde Autorenlesung! Wie sollen wir denn da den Lernstoff schaffen! Nächste Woche schreiben wir die Arbeit!“, dann möchte ich am liebsten schreien und weinen zugleich. Himmel, die haben unsere Kinder unter ihren Fittichen!
Wie sollen sich Kinder denn über etwas freuen, von dem sie gar nicht wissen, dass es erstens passieren wird und zweitens, dass es schön sein kann?


Dabei wäre eine Vorbereitung so einfach:
Man könnte sich zusammen auf die Lesung als etwas Schönes und Besonderes freuen.
Der Autor könnte im Unterricht zuvor vorgestellt werden. Die Kinder könnten vielleicht kleine Steckbriefe anlegen und gemeinsam spannende Fragen vorbereiten.
Das Buch könnte vorgestellt werden, vielleicht sogar schon etwas angelesen werden. Auf alle Fälle muss es (zumindest nach der Lesung) in der Klassen- oder Schulbücherei zur Verfügung stehen.

Sonderpunkte (die mir jedes Mal die Tränen in die Augen treiben) sind:
Alle Kinder würden gemeinsam den Leseplatz mit Stuhl und Tisch, Wasser, vielleicht einigen Blumen oder Keksen vorbereiten.
Die Kinder könnten zum Dank ihr Klassenlied singen oder selbst ein kleines Gedicht vortragen oder auch ein kleines gemaltes Bild schenken.

Ich bin der festen Überzeugung (und ich habe es unzählige wunderbare Male erlebt), wenn Kinder in die Vorbereitung integriert werden (überhaupt, wenn die Lesungen vorbereitet werden) und wenn Vorfreude vermittelt wird, dann wird eine Lesung immer ein Erfolg. Ganz bestimmt die meinen (das kann ich ohne eingebildet zu sein sagen), denn ich gebe mir (so wie die meisten meiner Kollegen) sehr viel Mühe und habe einen guten Draht zu den Kids. Sicher werden danach nicht alle freudig zum Buch greifen. Manche Kinder lesen eben einfach nicht gerne. Punkt. Aber sie werden sich an ein schönes Erlebnis erinnern.


Mittwoch, 12. November 2014

In der Liebe soll alles erlaubt sein – oder: Ist Frau Herden ein Freak?



Letztens erzählte mir ein Exfreund, ein anderer meiner Exfreunde hätte ihm mal eine ziemlich verrückte Geschichte über mich erzählt. Demnach hätte ich mir an einem denkwürdigen Abend die Haare abgeschnitten, sie in eine Schale gelegt und quasi zeremoniell verbrannt, während er versuchte, seine Geburtstagsparty zu schmeißen. Alle Gäste seien jedoch geflohen.
Im ersten Moment musste ich ob der Absurdität lachen. So etwas esoterisch Angehauchtes würde ich niemals tun. Haare in einer Schale verbrennen, also echt! Außerdem weiß man doch, dass so ein Geruch tagelang in der Bude hängen bleibt und ich hasse es ja schon, wenn man am nächsten Morgen noch das gebratene Steak des vorangegangenen Abends riechen kann.

Doch dann begann ich zu grübeln. Nicht darüber, warum sich zwei meiner Exfreunde Geschichten über mich erzählen, obwohl es das sicher auch wert gewesen wäre, sondern ob es nicht sein könnte, dass diese Sache tatsächlich passiert war. Ehrlich gesagt, ich wurde immer unsicherer.

Ich neige zur Hysterie, das gebe ich unumwunden zu. Alles andere wäre ja auch albern, immerhin gibt es Zeugen. Ich erinnere einige sehr, nun ja, kindische Handlungen meinerseits im Namen der Liebe.
Die allererste davon war, als ich mit schwarzer Farbe und einem sehr breiten Malerpinsel „Ich hasse Fußball!!!“ über die gesamte weiße Wand im Zimmer meiner ersten großen Liebe schrieb, weil die nicht nur selbst spielte sondern auch noch Fremdspiele anschaute und die Kinder des Vereins trainierte. Damals war ich fünfzehn und hatte verdammt viel Zeit, das muss man verzeihen, finde ich. Außerdem war es sehr lehrreich, als der riesige Schriftzug auch nach dem fünften Mal Überstreichen wieder durchkam.

Einmal erzählte ich selbst solcherlei Erlebnisse einem späteren Freund. Daraufhin begann er zu hoffen, eines Tages vielleicht auch Ziel solcher emotionalen Ausbrüche zu sein, denn dann würde ich ihn ja so sehr lieben, wie ich nur konnte und wie die anderen vor ihm. Als es dann endlich so weit war, weinte er. Vor Freude, wie ich hoffte. Obwohl er dazu eigentlich keinen Grund hatte. Er hatte im Vorfeld dermaßen mit meinen Gefühlen gespielt, dass die sich volle Lotte Bahn brachen, als er das Skiurlaubszimmer im einsamen Bergdorf endlich Richtung Kneipe verlassen hatte. Ich wusste um seine Schwächen: Er hasste es, sich nicht rasieren zu können oder trockene Haut zu haben und liebte seine Schuhe. Also leerte ich den Rasierschaum im Waschbecken aus, zerbrach alle Rasierklingen und schmiss sie hinterher, dann drückte ich den kompletten Inhalt seiner Bodylotion in die teuren Lederschuhe. (Wozu er die überhaupt mit hatte, hatte ich sowieso nicht verstanden.) Irgendetwas schrieb ich auch noch an den Spiegel, das ist mir aber entfallen.
Nur eine Minute später tat mir sehr leid, was ich getan hatte. Eine liebe Freundin half mir, das Ganze wenigstens ein bisschen wieder in Ordnung zu bringen. Er nahm es im Großen und Ganzen mit Humor und schenkte mir drei Wochen später eine „Ärgerbox“ zu Weihnachten: ein Schuhkarton gefüllt mit Rasierschaum, Bodylotion und Rasierklingen. Ich fand das unheimlich süß. Damals war ich siebzehn.

Es gab andere dumme Sachen, die ich aus lauter Liebe tat, und die mit den Jahren immer ausgefeilter und zum Teil auch spektakulär waren. Die möchte ich hier jedoch nicht weiter erörtern. Aber das Abbrennen meiner abgeschnittenen Haare in einer Schale?

Eines Nachts schnitt ich mir tatsächlich mal ganz spontan die Haare ab. Ich war verzweifelt, es hatte einen schlimmen Streit oder eine andere Verletzung und etwas zu viel Wein gegeben, und ich weinte vor mich hin. Dennoch musste ich mal zur Toilette. Als ich vor dem Spiegel stand und mein verheultes Gesicht anstarrte, wurde ich sehr wütend über diese Frau da drin. Wie die überhaupt aussah! Ich griff zur Schere. Danach war die Frau im Spiegel noch immer verheult, hatte aber zusätzlich eine sehr hässliche Frisur.
Doch die Haare dann abbrennen? In einer Schale? Womöglich eine für den Salat oder aus Edelstahl? Plastik wäre ja ziemlich dumm und mit überbordender Emotionalität nicht mehr zu entschuldigen gewesen. Außerdem weiß ich ganz genau, dass ich niemals einen Geburstag mit diesem Exfreund feierte. Wir zelebrierten nämlich eine Sommerliebe und er wurde dareinst im Winter geboren.

Trotzdem. Es ist irgendwie gruselig, dass man mir Geschichten einreden könnte, die ich angeblich erlebt habe, weil ich mich nicht mehr an alles und jedes ganz genau erinnern kann.
Ich sollte dringend mit meinen Memoiren beginnen.

Sonntag, 9. November 2014

Crunch aus Nüssen, Haferflocken und Honig

In der Nähe des Hauses meiner Eltern steht ein großer Nussbaum. Darum haben wir jeden Herbst einen großen Sack Walnüsse. Heute fand ich den vom letzten Jahr unterm Küchenschrank wieder. Ich knackte eine und stellte beglückt fest, die Nüsse sind noch astrein und köstlich. Also machte ich ein schnelles Crunch daraus.


Dafür braucht man:

Nüsse, etwas zerkleinert / kernige Haferflocken (so viele man mag) / Honig (entsprechend der Nuss- und Flockenmenge / Kardamom, gemahlen / Zimt, gemahlen

So geht´s:

In einer Pfanne bei mittlerer bis hoher Temperatur die Nüsse rösten. Unbedingt dabei bleiben und rühren, sonst brennen sie ratzfatz schwarz. Temperatur etwas zurückstellen auf mittlere Hitze. Die Pfanne vom Herd nehmen und die gelösten Nusshäutchen wegpusten. Pfanne auf den Herd zurück stellen. Haferflocken dazugeben. Kardamom und Zimt unterrühren. So viel Honig darüber gießen, dass die Mischung im Honig schmurgelt, aber nicht darinnen ertrinkt. Nach ca. 2 bis 3 Minuten Schmurgeln die Masse auf Alufolie gießen. Auskühlen lassen und in Stücke brechen. Diese kann man nun gleich aufessen oder in einem verschließbarem Glas aufheben.


Man könnte auch ein nettes Dessert mit zaubern. Dazu griechischen Joghurt mit Vanillepaste und braunem Zucker verrühren. In eine Schale geben. Papayastücke darauf verteilen und mit Crunch bestreuen. Köstlich!