Montag, 23. April 2018

Die Mutter-Kolumne: Das Zauberwort


Jeden Monat in der eltern.family nehme ich mir eine Selbstverständlichkeit aus dem Leben mit Kindern vor und frage mich: Klar, viele machen oder sagen das, aber wieso eigentlich? Dieses Mal: das Zauberwort.



Auf dem Marktplatz verteilt ein Clown Ballons.
„Ich möchte auch einen“, ruft das Söhnchen.
„Dann hol ihn dir“, sage ich.
„Liebe Mama, machst du das? Da sind so viele andere Kinder“, quengelt der Süße mit auf sehr niedliche Weise aufgerissenen Augen.
„Nein“, bleibe ich standhaft, schaue aber schnell woanders hin. „Ich kaufe ein paar Karotten. Wir treffen uns dann wieder hier.“

Später an selber Stelle habe ich ein Bund Möhren in der Hand, mein Sohn aber keinen Ballon. Er zieht ein Schippchen, und feuchte Spuren auf seinen Wangen erzählen von Kummer.
„Was ist los?“, frage ich. „Ist der Ballon geplatzt?“
„Nein“, knurrt der Kleine.
Ich warte. Doch vor Erregung kann er nichts weiter sagen.

„Wusstest du, dass es ein Zauberwort gibt?“, fragt er mit bebender Unterlippe, als es wieder geht.
Bitte nicht der Zauberwortquatsch, denke ich und schüttele den Kopf.
„Mit dem Zauberwort hätte mir der Clown einen Ballon gegeben“, berichtet mein Söhnchen. „Aber ich wusste es nicht! Niemand hatte es mir verraten!“
Seine Verzweiflung rührt mich an. Dabei hatte ich es bewusst vermieden, meinen Kindern irgendeinen Unsinn von einem Zauberwort zu erzählen. Ich hatte ihnen Höflichkeit näher gebracht, die Worte Bitte und Danke. Ich hatte mit ihnen darüber gesprochen, warum es wichtig ist, freundlich zu sein. Auch, wenn man mal das Gegenüber nicht nett findet. Ich hatte ihnen das vorgelebt und sachte darauf hingewiesen.
Höflichkeit ist keine Zauberei und Bitte nie ein Zauberwort gewesen.

„Warum hast du mir das nicht verraten?“, fragt mein Sohn vorwurfsvoll zuhause.
„Was denn, mein Schatz?“, flöte ich, die Unwissende spielend.
„Dass Bitte das Zauberwort ist“, flüstert er, als müsse er diese Neuigkeit vor fremden Ohren schützen.
„Das ist es doch gar nicht“, widerspreche ich. „Wenn man etwas möchte, dann bittet man darum. Das ist höflich und nicht zauberhaft. Wer hat dir das überhaupt gesagt?“
„Ich“, ruft mein Töchterchen aus ihrem Zimmer. „Es funktioniert wirklich. Wenn ich lieb bitte sage, bekomme ich immer, was ich will“, trötet sie.
Plötzlich bricht sie ab.
„Auweia“, hören wir ein Flüstern und ein leises Klatschen, als hätte sich jemand sehr Niedliches gerade die Hand vor das Schnütchen geschlagen.
„Jetzt ärgert sie sich, weil sie es verraten hat“, stellt mein Sohn fest.
Eigentlich ist er nämlich sehr klug und das schon in seinen jungen Jahren. Diesen Zauberwortunsinn hat er doch sicher nicht ernst genommen.

„Bitte, bitte, bitte“, höre ich es vor dem Schlafengehen aus seinem Zimmer raunen.
Ich linse unbemerkt durch den Türspalt. Der Kleine hockt vor einem Teller. Darauf liegt ein Gummibärchen. Vorsichtig begießt er es mit Wasser.
„Bitte, bitte, bitte“, wispert er dabei beschwörend.
Ich seufze innerlich. Jemand hatte ihm im Kindergarten verraten, wie man angeblich Gummibärchen vermehren kann. Ich weiß, dass ich es nicht übers Herz bringen werde, ihn enttäuscht zu wissen, und lege schon mal die Tüte mit den süßen Bären bereit. Später werde ich mich noch mal in sein Zimmer schleichen – auf einer zauberhaften Mission.


Sonntag, 8. April 2018

Tischdienst – ein Tutorial für ein wunderbares gemeinsames Speisen, Plauschen und Gerichte Tauschen


Mit lauter netten Leuten Selbstzubereitetes speisen, plaudern und Köstlichkeiten tauschen – wenn Euch bei dieser Vorstellung das Herz hüpft und das Wasser im Munde zusammenläuft, dann übernehmt doch den Tischdienst und organisiert eine fröhliche Runde an einer reich gedeckten Tafel. 




Die Idee
Zwei Freundinnen und ich ackern fürs Gemüse, kochen gerne und lieben es, verschiedenste Menschen an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam zu speisen. So kam uns die Idee zum Tischdienst
Zu einem bestimmten Motto kocht jeder Teilnehmer ein Gericht, das auf die große Tafel gestellt wird. Vier kleinere Portionen desselben (oder einer selbst gemachten Zutat) werden hübsch verpackt zum Tausch mitgebracht. Als Paar kocht man natürlich entweder doppelt so viel oder zwei Gerichte. 


Grafik: Selina Willand


Beim Genießen, Rezepte Tauschen und über das Leben Plaudern lernt man nicht nur neue Gerichte und nette Menschen kennen, sondern geht auch mit dem Bauch voller Köstlichkeiten, dem Kopf voller Kochideen und einer Tüte voller Spezereien nach Hause. 

Einen Ort finden
Wer hat schon eine Tafel für etwa 20 Personen zuhause? Also macht man die Not zur Tugend und entdeckt besondere Orte, indem man mit offenen Augen durch die Stadt läuft. Gibt es eventuell offene Veranstaltungsräume oder Kantinen? Könnte man die nette Dame aus dem großzügigen Gewürzladen, den jungen Mann mit seinem Atelier oder die Frau mit der Musikschule gewinnen? Oder gibt es einen netten Ort open air?
Man braucht einen Raum für eine große Tafel, genügend Sitzmöglichkeiten drumherum, mit einem Wasseranschluss, eventuell einem Herd zum Aufwärmen und einer Toilette in der Nähe. 




Planen
Etwa 6 Wochen im Vorfeld bestimmt man einen Termin. 
Tipp: An einem Donnerstagabend von 19 bis 22 Uhr haben viele Menschen Zeit. Oder Sonntags. Dann passt das auch mit dem Kochen gut. Allerdings schauen viele Menschen gerne Tatort. :)
Dann überlegt man sich ein Motto, zu dem gekocht werden soll. Das kann etwas Saisonales wie Frühlingserwachen und Erntedank sein oder etwas Spezifisches wie 1000 Gewürze, Brotaufstriche und Alles aus Petersilie
Natürlich muss man überlegen, wie viele Leute kommen können. Wie groß ist die Tafel, die ich aus verschiedenen Tischen oder aus Böcken und alten Türen bauen kann? Wie viele Stühle kann ich besorgen? Bekomme ich genug Besteck, Gläser und Teller zusammen oder muss die jeder selbst mitbringen? 


Die Einladung
In der Einladung nennt man nicht nur Ort, Zeit und Motto, sondern beschreibt auch die Idee und bittet um Anmeldung bis zwei Wochen vor dem Termin unter der eigenen Email-Adresse. Wer Freude am Gestalten hat, findet unter thegraphicsfairy.com dekorative Vintage-Illustrationen aller Art zum kostenlosen Download. 
Will man etwas privater bleiben, verschickt man die Einladung nur an seine Freunde und Bekannte. Wer neue Menschen zusammenbringen und kennenlernen möchte, lässt die Einladung als Flyer drucken und verteilt sie in Buchläden, Cafés und im Kindergarten. Noch einfacher ist es, eine öffentliche Facebook-Veranstaltung zu erstellen. 


Grafik: Selina Willand


Die Gäste
Am Tag nach dem Anmeldeschluss fertigt man die Gästeliste an. Haben sich mehr Leute angemeldet, als um die Tafel passen, muss man leider einigen absagen. Doch vielleicht wiederholt man das Ereignis und kann darauf vertrösten? Den Gästen teilt man noch einmal genau mit, wann, wo und unter welchem Motto sie erwartet werden. Nun hat jeder Zeit, sich ein Gericht zu überlegen und ein- oder zweimal zur Probe zu kochen. Darüber freut sich die Familie zu Hause. 
Tipp: Etwa 20 Gäste sind ideal. Alle kommen miteinander ins Gespräch und die Speisen sind äußerst vielfältig, aber nicht zu viele, um eine jede zu probieren. 


Vorbereitung
Als Veranstalter hat man natürlich etwas mehr Arbeit als die Geladenen. Auf der Einkaufsliste sollten Servietten und Brot stehen. Außerdem frische Minze, Zitronen oder gefrorene Beeren, um mehrere Karaffen aromatisiertes Wasser als Getränk anzubieten. 
Etwa eine Stunde braucht man, um die Tafel vorzubereiten und einzudecken. Natürlich kann man mottogemäß dekorieren, doch das ist gar nicht nötig. Die Wasserkaraffen, ein paar frische Blumen oder Zweige auf verschiedene Vasen verteilt, und einige Kerzen runden die vielen Speisen, die auf der Tafel Platz finden werden, schön ab. 
Außerdem hält man DIN A5-Karten und einen Stift bereit. Hierauf schreibt jeder Gast, welches Gericht er mitbrachte, und stellt sie daneben. 


Das Ereignis 
In der ersten halben Stunde trudeln die Gäste ein. Jeder beschriftet sein Kärtchen und stellt sein Gericht auf die Tafel. Die vier Tauschportionen aller werden an einem zugänglichen Ort gesammelt. 
Wenn alle Platz genommen haben, begrüßt man die Gäste. In einer Vorstellungsrunde erzählt jeder etwas zu sich und seinem Gericht. Danach ist das Eis gebrochen und alle wünschen sich einen guten Appetit. 
Tipp: Wenn man einen Weinhändler mit ins Boot holt, kann dieser Weine zur Probe oder zum Selbstkostenpreis anbieten. Außerdem kann man mit einem Sekt den Abend eröffnen. 


Die Tauschrunde 
„Noch nie habe ich so lecker gegessen“, wird es unisono nach dem Essen klingen. Dann wird getauscht. Reihum darf sich jeder eine der Tauschportionen nehmen. Danach darf sich der letzte als erster nehmen. Das Ganze findet 4 Mal statt. 
Natürlich wird nach so einem netten Abend niemand den Gastgeber mit dem Abwasch alleine lassen. Während alle spülen und aufräumen, kann man schon den nächsten Tischdienst planen. 

Wer einmal bei uns vorbeischauen möchte, kann das hier tun: Tischdienst