Mittwoch, 1. Oktober 2014

Die Mode – Frau Herden schert sich nicht darum

Zu Beginn dieser Kolumne, muss ich ein Geständnis machen: Mir ist Mode völlig wurscht und ich besitze auch nur acht Paar Schuhe, manche davon seit zehn Jahren.


In blutjungen Zeiten wollte ich zwar einmal Modedesignerin werden, doch dieser Traum starb kläglich im Kampf mit der Nähmaschine. Mir gelang es leider, ihr eine Hose für meinen ersten Freund abzuringen, und verliebt trug der sie trotzdem einmal. Doch dafür möchte ich mich eigentlich heute noch entschuldigen.

Später arbeitete ich lange als Fotomodell. Mode, Frisur und Make-up das bedeutete Arbeit, falsches Lächeln und Posen einnehmen. Jogginghose und atmende Poren das war Freiheit, ähm, Freizeit. Und draußen fand gerade der Grunge statt. Das passte wunderbar, war unheimlich bequem und hatte sogar einen eigenen Soundtrack.

Irgendwie bin ich da wohl hängen geblieben. Klar, so als Kinderbuchautorin, die den ganzen Tag im Bett rumlümmelt, ist das ja auch möglich. Zumindest scheinen das meine Kinder zu denken, die mich zwar nicht im Bett liegend vorfinden, weil das eben ein Mythos ist, die aber nach der Schule nach Hause kommend kopfschüttelnd sagen: „Na, haste immer noch deinen Schlafanzug an?“
Auch das stimmt nicht, aber solche Feinheiten sind eben nicht für jedermann erkennbar.

Genausowenig, wie es mir möglich ist, mein eigenes Empfinden der Mode unterzuordnen. Vor einiger Zeit hatte meine Tochter plötzlich eine Tasche, für die ich mich sogar vor meiner seeligen Oma geschähmt hätte, so klischeebeladen omahaft sah die aus.
„Die ist total modern“, erklärte meine Tochter.
Nun ja.

Ich kaufte also stets, was mir gefiel und vor allem, was mir passte ohne Baucheinziehzwang oder irgendwelche Schubbelstellen. Neue Kleidungsstücke fügten sich nahtlos und unauffindbar in meinen Kleiderschrank ein. Als ich dem so richtig gewahr wurde, hörte ich auf, Klamotten für mich zu kaufen. Mannchmal, ganz manchmal, schien Not und ich plante eine Stiländerung durch völlig überraschende Kleiderkäufe. Manchmal ging ich dann auch los Richtung Stadt. Doch viel weiter reifte das Vorgehen nicht. Entweder hatte ich sowieso kein Geld übrig oder TK Maxx nichts in meiner Größe. Jedes Mal erkannte ich dann im Nachhinein, die Not war gar nicht aus meinem Kleiderschrank gekommen.

Doch letztens hatte ich einen wichtigen Termin, einen mit Erwachsenen. Ich machte mir tatsächlich Gedanken und hatte auch das Bügeleisen über lange nicht getragenen Stoff geschwungen.
Während des Ganzen hatte ich mich insgesamt etwas unwohl gefühlt, aber zum Glück hatte es nicht lange gedauert. Ob überhaupt bemerkt worden war, was ich am Leibe trug, wage ich zu bezweifeln. Es hatte sich nämlich um ein langes und intensives Gespräch im Sitzen gehandelt. Ich erinnere zumindest nicht im geringsten, was mein Gegenüber dabei an hatte.
Später, nachdem ich meinen lieben Eltern von diesem Termin erzählt hatte, fragte meine Frau Mama entsetzt: „Du wirst doch nicht eine dieser Kapuzenjacken angehabt haben?“
„Nein! Was denkt ihr denn von mir?“, konnte ich entrüstet antworten. (Ich hatte den Hoodie zwar in der Tasche dabei gehabt, aber es war so warm gewesen, dass ich ihn nicht auspacken musste.)

Und dann passierte die Sache mit der Hose. Letzte Woche begleitete ich meinen mich besuchenden Herrn Papa wieder hinunter.
"Willst du dir nicht eine andere Hose anziehen? Du gehst doch nicht zum Sport", brummte er.
"Ach, Papi."
Im Briefkasten lag die Tageszeitung aus Fulda mit einem Artikel zu meinen Lesungen. Stolz (es hört nie, nie auf) las ich vor. Sachen wie "ungemein sympathische Literatin", "renommierte Kinderbuchautorin" und “Die Autorin schreibt gut, liest gut und toppt alles mit ihrer unverkrampften, fantasievollen Art.”
"Über wen schreibt dieser Mann da eigentlich?", sagte mein Vater und grinste mich frech an.
Ich ließ mich jedoch nicht weiter herausfordern.
Dann tippte er auf das Bild. "Sag mal, du hast doch da nicht etwa auch diese Hose an?", fragte er kopfschüttelnd. Doch, hatte ich.
Auch meine Tochter schimpfte des abends mit Blick auf das Zeitungsfoto mit mir: “Mensch, Mami, ich hab doch gesagt, zieh´ die Hose nicht an.”

Also ging ich geschlagen in die Stadt. Doch triumphierend kam ich nur wenig später wieder nach Hause. Nicht weil ich eine schicke neue Hose erstanden hatte, sondern eine Erkenntnis.
“Mein Schatz”, sagte ich wie nebenbei zum Töchterchen, “du hast es vielleicht noch gar nicht mitbekommen, aber Jogginghosen sind in diesem Herbst der allerneueste Schrei.”
Bei manchen Dingen muss man eben einfach nur konsequent dabei bleiben.

Und wegen der eleganten Jacke, die ich zu kaufen meinen Eltern versprach, nun: Vielleicht finde ich ja eine mit Kapuze.

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