„Kim hat gesagt, man darf sich ein Bonbon aus Frau Fröhlichs Schreibtischschublade nehmen, und als ich das gemacht habe, hat er mich verpetzt, und ich habe Ärger gekriegt!“
Meine Tochter war weinend aus der Schule gekommen, hatte sich in meine Arme geworfen und geschluchzt.
„Mein Süß, das war gemein von Kim. Petzen ist doof“, sagte ich. Verschwieg jedoch, wie gemein und doof ich Kims Verhalten tatsächlich fand.
„Blöde Petze!“, krähte das Söhnchen.
„Kim ist ein Junge“, schnuffelte meine Tochter.
„Blöder Petzer!“, rief ihr Bruder. „Petzen kann keiner leiden.“
Dann verschwanden nach und nach der Salzstreuer, das Stövchen und die Kaminhölzer, der getrocknete Oregano, eine Zitrone, der letzte Rest Mehl, der lange Kaffeelöffel und die gläserne Teekanne.
„Habt ihr diese Sachen?“, fragte ich die kleine Schar.
Sie verneinte unisono und vehement.
„Seltsam“, dachte ich. „Habe ich diese Sachen verlegt?“
Wo hatte ich nur meinen Kopf?
Vielleicht beim Söhnchen. Denn das gefiel mir nicht. Es schien bekümmert. Schlich tagelang herum, wie von Sorgen erdrückt.
„Hast du Kummer, mein Schatz?“, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf.
„Ist alles okay?“, fragte ich wieder.
„Alles gut“, knurrte der Kleine und schlich weiter.
Besorgt schaute ich ihm nach.
Es war ein Sonntagmorgen. Seit einigen Wochen durfte ich den gemütlich in meinem Bett verbringen. Die Kinder nahmen sich ein Müsli, und später kochte ich zu Mittag. Da hörte ich das Getrampel rennender nackter Kinderfüße. Dann wurde meine Zimmertür aufgestoßen. Atemlos und mit schreckgeweiteten Augen stand mein Sohn auf der Schwelle.
„Mama!“
„Was ist los?“, krächzte ich, innerlich zu Blitzeis erstarrt.
„Ich bin kein blöder Petzer!“, schrie der Kleine, und schiere Qual stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Nein, das bist du nicht“, beruhigte ich ihn. „Aber was ist los!“
„Das Labor brennt!“
„Das Labor?“, rief ich.
Alarmiert sprang ich aus dem Bett, verhedderte mich in der Decke, fiel auf die Knie und unterdrückte ein Aufstöhnen. Das fiel mir nicht schwer, denn ich musste ja sowieso schreien.
„Sag mir sofort von welchem Labor du sprichst?“
„Das Chemielabor in unserem Zimmer“, presste mein Söhnchen hervor.
Doch da war ich schon vorausgestürmt, griff ein Handtuch, riss die Kinderzimmertür auf, kämpfte mich durch seltsam wohlduftende Rauchschwaden und warf mich mutig dem kleinen Schwelbrand in der verschwundenen gläsernen Teekanne entgegen.
„Ich wollte doch ein großer Chemiker sein und Gold erfinden“, wisperte das Töchterchen, nachdem ich die Flamme ausgepustet hatte.
„Aus Salz, Oregano, Zitrone und Mehl?“, fragte ich.
Das süße Wesen nickte. Langsam beruhigten sich meine zitternden Beine.
„Ich habe das lange geplant“, murmelte die Kleine.
„Und ich wollte kein blöder Petzer sein“, sagte der Sohn von der Tür her.
Genau erkennen konnte ich ihn nicht, zu viele Rauchschwaden lagen zwischen uns.
Aber in einem sah ich klar. Das Thema Petzen war ein vielschichtiges. Darüber zu reden erforderte Kekse und heißen Tee. Zum Glück war die Kanne wieder da.
Meine Tochter war weinend aus der Schule gekommen, hatte sich in meine Arme geworfen und geschluchzt.
„Mein Süß, das war gemein von Kim. Petzen ist doof“, sagte ich. Verschwieg jedoch, wie gemein und doof ich Kims Verhalten tatsächlich fand.
„Blöde Petze!“, krähte das Söhnchen.
„Kim ist ein Junge“, schnuffelte meine Tochter.
„Blöder Petzer!“, rief ihr Bruder. „Petzen kann keiner leiden.“
Dann verschwanden nach und nach der Salzstreuer, das Stövchen und die Kaminhölzer, der getrocknete Oregano, eine Zitrone, der letzte Rest Mehl, der lange Kaffeelöffel und die gläserne Teekanne.
„Habt ihr diese Sachen?“, fragte ich die kleine Schar.
Sie verneinte unisono und vehement.
„Seltsam“, dachte ich. „Habe ich diese Sachen verlegt?“
Wo hatte ich nur meinen Kopf?
Vielleicht beim Söhnchen. Denn das gefiel mir nicht. Es schien bekümmert. Schlich tagelang herum, wie von Sorgen erdrückt.
„Hast du Kummer, mein Schatz?“, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf.
„Ist alles okay?“, fragte ich wieder.
„Alles gut“, knurrte der Kleine und schlich weiter.
Besorgt schaute ich ihm nach.
Es war ein Sonntagmorgen. Seit einigen Wochen durfte ich den gemütlich in meinem Bett verbringen. Die Kinder nahmen sich ein Müsli, und später kochte ich zu Mittag. Da hörte ich das Getrampel rennender nackter Kinderfüße. Dann wurde meine Zimmertür aufgestoßen. Atemlos und mit schreckgeweiteten Augen stand mein Sohn auf der Schwelle.
„Mama!“
„Was ist los?“, krächzte ich, innerlich zu Blitzeis erstarrt.
„Ich bin kein blöder Petzer!“, schrie der Kleine, und schiere Qual stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Nein, das bist du nicht“, beruhigte ich ihn. „Aber was ist los!“
„Das Labor brennt!“
„Das Labor?“, rief ich.
Alarmiert sprang ich aus dem Bett, verhedderte mich in der Decke, fiel auf die Knie und unterdrückte ein Aufstöhnen. Das fiel mir nicht schwer, denn ich musste ja sowieso schreien.
„Sag mir sofort von welchem Labor du sprichst?“
„Das Chemielabor in unserem Zimmer“, presste mein Söhnchen hervor.
Doch da war ich schon vorausgestürmt, griff ein Handtuch, riss die Kinderzimmertür auf, kämpfte mich durch seltsam wohlduftende Rauchschwaden und warf mich mutig dem kleinen Schwelbrand in der verschwundenen gläsernen Teekanne entgegen.
„Ich wollte doch ein großer Chemiker sein und Gold erfinden“, wisperte das Töchterchen, nachdem ich die Flamme ausgepustet hatte.
„Aus Salz, Oregano, Zitrone und Mehl?“, fragte ich.
Das süße Wesen nickte. Langsam beruhigten sich meine zitternden Beine.
„Ich habe das lange geplant“, murmelte die Kleine.
„Und ich wollte kein blöder Petzer sein“, sagte der Sohn von der Tür her.
Genau erkennen konnte ich ihn nicht, zu viele Rauchschwaden lagen zwischen uns.
Aber in einem sah ich klar. Das Thema Petzen war ein vielschichtiges. Darüber zu reden erforderte Kekse und heißen Tee. Zum Glück war die Kanne wieder da.