Vor vier Jahren war das anders. Ich hatte von nichts eine Ahnung, freute mich über mein erstes verlegtes Kinderbuch und trank ganz ungeniert am Oetinger Stand Sekt. War ja damals mein Verlag, die mich umgebenden Leute also meine Kollegen. Fröhlich prostete ich in die Runde. Dass niemand zurückprostete, merkte ich nicht einmal. Dann lief das Buch nicht und im Jahr darauf schlich ich unerkannt mit meiner selbst bezahlten Eintrittskarte am Stand vorbei. Einen Sekt traute ich mich nicht zu nehmen. Dabei hätte ich den viel nötiger gebraucht. Ich trank dann später im Zug nach Hause eine kleine Flasche Rotwein, die ich mir am Bahnhofskiosk gekauft hatte, und fühlte mich genauso, wie ich vermeintlich aussah. Erstaunlicherweise war das dann viel besser, als gedacht. Es ging mir nämlich wirklich schlecht. Ich wollte mit diesem ganzen Affentheater nichts mehr zu tun haben.
Nun, drei Jahre später, bin ich eine "renomierte Kinderbuchautorin". Ich hatte auf der Messe verschiedene Termine unter anderem ein Interview und eine Lesung. Das Ticket musste ich dieses Mal nicht selbst bezahlen. Zeit, mit meinen Freundinnen herumzustromern blieb trotzdem.
Viele Menschen sprachen mich an, in den Hallen, zwischen den Gängen, in der U-Bahn. Sie hatten mich erkannt und waren nett, sprachen meiner Mittwochskolumne, meinen Texten im facebook, meinen Büchern Komplimente aus. Das war sehr spannend. Es ehrte mich. Es überforderte mich schließlich etwas, ich plaudere ja nicht gerne. Trotzdem. Danke, danke dafür.
Ich traf einige Kollegen auf ein Wörtchen, manche nur auf ein Winken oder einen Drücker. Wichtig war alles. Einfach um glauben zu können, dass diese Leute echt und nicht nur vom facebook ausgedacht sind.
Ich trug sogar ein Kleid. Das funktionierte ganz gut. Ich glaube, manche Herren lächelten auch, obwohl sie nicht wussten, wer ich bin. Aber das schmeiße ich jetzt einfach mal vermutend in die Runde.
Trotz allem, das Schönste aber waren die beiden Abende. Der erste brachte Punsch bei Beltz (auweia) und am zweiten formierten wir die Aperitif-Gruppe, als alles und ich komplett erledigt war. Zusammen mit meiner Agentin Christiane Düring und Petra Hermanns von scripts for sale und den Autorinnen Antje Babendererde und Irmgard Kramer machten wir genau das, was unser Gruppenname versprach: Wir nahmen zum Abschied einige Aperitifs. Und wir lachten. Wie verrückt. Mädels, das machen wir im nächsten Jahr wieder.
Und hier noch einige Schnipsel:
Auf dem Hinweg gehört und quasi sofort visuell bestätigt bekommen: "Natürlich gibt es auch diese mittelalterlichen Buchhändlerinnen mit Brille, so wie wir. Aber es liegt doch auch eine wahrhaft intellektuelle Atmosphäre in der Luft."
Halle 4.1, Stand E79 / Das Magazin. (Als Ossikind ist mir Das Magazin Lebensbegleiter, es lag immer in unserer Bude herum, später wurde ich selbst Abonnentin, noch später machte ich meine Freundin Meike zu einer solchen.)
"Ach, guck mal, das Magazin", sagte ich und wir blieben stehen.
Der große, gut aussehende Herr, der uns ansprach, ist einer der Verlagsleiter und heißt Till Kaposty-Bliss. Das wusste ich aus dem Heft. Auch dass er der Größte im Verlag ist. Er bot uns eines der Magazine zum Kennenlernen.
"Herzlichen Dank, das brauchen wir nicht. Wir sind begeisterte Abonnentinnen."
"Abonnentinnen? Hier im tiefen Westen? Kommse rein! Kommse rein!"
Dann wurden wir mit Gebäck, Getränken und Geschenken verwöhnt. Nicht nur darum: Das Magazin, wirklich eine Freude, wenn es im Postkasten liegt.
Der große, gut aussehende Herr, der uns ansprach, ist einer der Verlagsleiter und heißt Till Kaposty-Bliss. Das wusste ich aus dem Heft. Auch dass er der Größte im Verlag ist. Er bot uns eines der Magazine zum Kennenlernen.
"Herzlichen Dank, das brauchen wir nicht. Wir sind begeisterte Abonnentinnen."
"Abonnentinnen? Hier im tiefen Westen? Kommse rein! Kommse rein!"
Dann wurden wir mit Gebäck, Getränken und Geschenken verwöhnt. Nicht nur darum: Das Magazin, wirklich eine Freude, wenn es im Postkasten liegt.
Kruso gewann den Buchpreis, da blieben wir natürlich stehen, als wir den Autoren von einem FAZ Mitarbeiter interviewt sahen. Ich vermute, es war der Sohn einer Redakteurin oder ein Praktikant. Und ich bin leider jemand, der sich sehr fremdschämt. Meine Freundin Meike auch. Wir mussten schnell weitergehen. Schade. Herr Seiler sagte nämlich schöne Dinge, wie zum Beispiel auf die Frage nach der Authentizität der Romanfiguren: "Beim Schreiben braucht man die authentischen Details, um sich seines Materials sicher zu sein." Siehste, sage ich auch immer, nur etwas anders: "Wer schreiben will muss erst mal was erleben."
Bei den Finnen waren wir auch. Ich glaube, es ist schön, ein finnisches Kind zu sein. Trotz der winterlichen Dunkelheit.
Ich habe mich über alle gefreut, die zu meiner Lesung ins Spiegelzeit auf der Agora kamen.
Hinterher wollten mich zwei Herren mit sehr großen Objektiven unbedingt fotografieren. Sie suchten sich dazu sehr vorteilhafte Details: der eine benutzte ein Fischauge, das er sich am Sigma Stand geliehen hatte, der andere stellte mich vor den roten Sonnenuntergang einer Teewerbung, die außen am Lesezelt klebte. Beide behaupteten, sie wüssten, wer ich sei. Falls jemand mal diese seltsamen Fotos irgendwo entdecken sollte, sagt mir bitte bescheid. (Was wollen die damit nur?)
Nun ja, der Punsch des ersten Abends, den ich zusammen mit meiner Freundin, der Kinderbuchautorin Manuela Olten, und mit Sophie Härtling, der Programmchefin der Kinderbücher bei Rowohlt, trank. Beide sind dafür verantwortlich, dass ich heute diese "renomierte Kinderbuchautorin" bin, weil sie mich gemeinsam durch die richtige Tür schoben. Dafür bin ich ihnen sehr, sehr dankbar. Mädels, hoch die Tassen, aber das Obst lieber nicht mitessen!
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