Sonntag, 17. November 2013

Frau Herden in Braunschweig zur Jugendbuchwoche


Noch immer ziemlich müde, aber voller neuer Eindrücke bin ich nun wieder zuhause. Die letzte Woche verbrachte ich in Braunschweig. Dort las ich 13 Mal aus meinen Büchern vor – in Lese- und Musikräumen, in Turnhallen und Klassenzimmern, jeweils vor einer oder höchstens zwei Klassen. Ein naher und intensiver Austausch mit den Kindern, wie ich ihn bei meinen sonstigen Lesungen vor bis zu 200 Kindern noch nicht kannte.


Ich lernte die unterschiedlichsten Schulen kennen – von der kleinen gemütlichen Dorfschule über die moderne Vorstadtschule bis zum finsteren Bau im sozialen Brennpunkt. Begegnet bin ich dort Kindern – Jungen und Mädchen, die in Deutschland unter sogenannten gleichen Bedingungen lernen. Vorgekommen bin ich mir wie in unterschiedlichen Welten, an die sich die kleinen Menschen in spätestens zwei Jahren perfekt angepasst haben werden.




Ich war glücklich mit meinen Lesungen, meinen Erzählungen, dem Quiz und den Fragerunden in jeder dieser Schulen den Kindern eine Freude gemacht oder sie zumindest vor ungeliebten Mathestunden "bewahrt" zu haben. Besonders berührt hat mich die Begegnung mit den Kindern aus sogenannten sozial schwachen und bildungsfernen Familien.


Enttäuschend fand ich nur eine Lesung (tatsächlich erst die zweite der über 100 Lesungen, die ich 2012 und 2013 gab). Sie fand in einer supermodernen, pädagogisch sicher sehr wertvollen, überbordenden Schule statt. Dort begegneten mir Kinder (und Lehrer), die so satt waren, dass da kein Blatt mehr Platz hatte in ihren Bäuchen und zwischen ihren verwöhnten und überlasteten Gehirnen. Sie erlaubten mir zwar, sie zur Abwechslung zu bespaßen, doch ihre Reaktionen blieben minimal. Eine Lehrkraft erzählte mir später seufzend ihre Not mit den anspruchsvollen, kontrollgewohnten Eltern. Professoren und Architekten, die sofort anriefen, wenn sich Ruben-Heinrich falsch behandelt fühlte und gar auf den Lehrer hören sollte. "Für diese Kinder sind wir nur ein Teil des Bespaßungspersonals, das sie von morgens bis abends umgibt und versorgt." Für mich eine Erfahrung, die meiner emotionalen Erschütterung in der Brennpunktschule um nichts nach stand.


Sehr nett fand ich unser Hotel, das eher einer Jugendherberge glich. 20 Autoren waren wir dort, trafen uns morgens zum Frühstück, unternahem des Abends etwas gemeinsam. Es war herrlich – wie auf einer Klassenfahrt. Ich lernte wundervolle Kollegen kennen und neben einem interessanten Austausch hatten wir auch eine Menge Spaß zusammen. Über eine Einladung zur Braunschweiger Buchwoche 2014 würde ich mich auf alle Fälle sehr freuen.


Braunschweig selbst durchstromerte ich zu den Nachmittagsstunden, oft schon etwas müde. Vielleicht irritierte mich die Stadt deshalb so? Sie will mir erscheinen wie ein zusammengewürfeltes Gemisch verschiedenster Gebäude. Ein Eindruck, den ich auch aus meiner Heimatstadt kenne. Beide Städte wurden jeweils in einer Brandnacht 1944 zu über 95 % zerstört.
Einige Impressionen:

























1 Kommentar:

  1. Ein sehr interessanter, schöner Post, denn er bescherte mir Informationen über A) den Zustand des deutschen Bildungswesens & b) die Stadt Braunschweig. Ich dachte immer, in Köln sei alles so beliebig häßlich zusammengefügt. Ja, der Wiederaufbau hat der Zerstörung im Krieg noch die Krone aufgesetzt...
    Liebe Grüße
    Astrid

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