"Heute ist so ein Tag ... Wohnte ich in einem Hotelzimmer, dann würde ich es heute zerstören", mit diesen Worten begrüßt mich Tanja Ebbecke in ihrem Atelier. Prima, freue ich mich, ein wildes Künstler-Weib. Vorsichtig gucke ich mich um und sehe eigentlich das gleiche Chaos wie beim letzten Besuch. Gott sei Dank. Nichts ist zerstört. Ich mag die spröden Zeichnungen, die an den Wänden hängen nämlich sehr, besonders das Blatt mit den Pilzen. Ist ja auch kein Hotelzimmer hier. Außerdem lächelt Frau Ebbecke.
Sie wußte schon vor ihrer Geburt, dass sie Künstlerin werden würde, darum malte Tanja auch ihre gesamte Kindergartenzeit hindurch inbrünstig ein Bild nach dem anderen.
Doch dann, später, als Kunst in der Schule Noten einbrachte und Malen nach Zahlen und auf Knopfdruck passieren musste, wurden es immer weniger. "Es war, als hätte ich mein Eigenes verloren", sagt sie.
Erst die Darmstädter Künstlerin Dorothee Wilkes schaffte es durch ihre freie Art, Tanja in einem Zeichenkurs wieder zu motivieren. "Dorothee erwartete keine exakten Zeichnungen. Sie brachte uns bei, dass Bilder nicht "schön" sein müssen".
Tanja studierte später in der HFG in Offenbach freie Gestaltung, Zeichnen und Druckgrafik. Dort sah ich sie auch das erste Mal - als Sängerin einer Band auf der Bühne. "Jemand brachte damals einen dieser ganz neuen Gettoblaster mit CD-Spieler mit. Wir hörten die Musik von Michelle Shocked rauf und runter. Ich holte eine Gitarre raus und spielte die Songs nach. Dann gründeten wir die Band (Molly Unemployed)".
Tanjas künstlerisches Thema ist der "Road Movie". Dabei ist sie gar nicht besonders reiselustig, aber auf der Suche, will nachhause finden.
Als Beifahrerin sitzt sie während des kreativen Schaffensprozess´ im Auto, fasziniert von der Aussicht auf die Straße und zeichnet, was sie sieht. Sie liebt dieses bewegte Zeichen in jedem Sinn, das Fließen, die Fortbewegung. Skizzen und Minutenzeichnungen mit verschieden dicken Stiften entstehen, die sie später im Atelier weiter bearbeitet indem sie Flächen füllt, Tiere, Pflanzen, Propeller oder Dinge, die im Auto lagen, einfügt.
Wenn ihr etwas nicht gefällt, dann streicht sie es einfach durch. Trotzdem bleibt es erkennbar. Das nennt Tanja zeichnerische Befreiung - alles ist erlaubt, darum gibt es auch keinen Abfall, irgendetwas Wertvolles hat jedes Bild und wenn es nur eine kleine Ecke ist.
Tanja wird am Eintagsladen 4 und auch am Dreitageladen teilnehmen (hier wird sie auch mit ihrer Band "candyjane" auftreten) und Werke zum Verkauf anbieten.
Sie sagt dazu:
"Da Orginalzeichnungen einer konzeptionell ausgearbeiteten und zugleich persönlichen Reihe wahrscheinlich nicht zum entsprechenden Preis auf einem Handmade-Markt verkauft werden können, biete ich für den Eintagsladen eine dekorative und markttaugliche Linie an ...
... einige Zeichnungen in Form von Postkartenbüchern und Bilder aus Modulen meiner Kunst, arrangiert auf ansprechende Weise mit Geschöpfen des Zeitgeistes in Natur und Unterwasserwelten."
"Clint Eastwood hat mein Leben verändert", sagt Tanja.
Als Charlotte Wielage, Studentin des Kommunikationsdesigns, das Atelier betritt, erzählen mir die beiden von ihrem gemeinsamen Projekt. Seit Juni treffen sie sich nämlich jeden Montag zum Kunst Machen im wahrsten Sinn der Worte: Jeder bringt irgendetwas mit und dann wird einfach losgelegt - Tinte klecksen, Kartoffeldruck, experimentelles Ausprobieren mit Spaß und Kribbeln im Kopf und ohne konzeptionelle Vorgaben. Beide gemeinsam am, im und mit demselben Blatt. Fertig ist es nach gemeinsamer Absprache. Charlotte bringt Farbe in Tanjas Zeichnungen. Die Ergebnisse sind wild, bunt und einfach schön.
Auf die geplante Abschluß-Ausstellung freue ich mich schon und werde sie auf alle Fälle hier ankündigen.
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