Heute haben wir den 3. Dezember. Seit einigen Tagen ist es
nun kalt geworden. Doch noch, muss man sagen, in diesem wärmsten aller Jahre
seit Anbeginn der Wetteraufzeichnungen. Ich gebe zu, das ist verwirrend.
Trotzdem. Es gibt da ein Phänomen, welches ich schon so lange beobachte, da ich
Kinder habe, und das ich bis heute noch nicht verstanden habe: Kinder, Jungs,
zumindest mein Sohn zieht sich nicht gerne warm an.
Vorgestern brachte ich das Altpapier runter. Die Tonne war
gerade geleert worden und stand darum auf der Straße. An der deshalb leeren
Stelle in der Hofeinfahrt lag eine schwarze Jacke. Die Jacke, die mein Sohn
angeblich seit Tagen draußen trug. Erschüttert blieb ich davor stehen. Wie
lange lag sie da schon? Die Tonne wird alle 2 Wochen geleert. Etwa solange
bestand ich auf die warme Jacke, wenn mein Kind das Haus verließ. Die ersten 3
Tage gab es deswegen lautstarke Diskussionen. Danach nicht mehr. Danach hatte
er sie hinter der Altpapiertonne versteckt.
„Zieh bitte die warme Jacke an.“
„Hab ich.“
Tür zu.
Ich stehe nicht neben unserer Wohnungstür und überprüfe, ob
mein Sohn eine Jacke trägt beim Gehen und Kommen. Wer friert denn schon gerne
freiwillig? Und vor allem: Warum?
Ich nahm das klamme, feuchte, schwarze Ding mit hoch in die
warme Wohnung.
„Brauchst du eine neue Winterjacke?“, fragte ich den
Heimkehrenden und beobachtete heimlich, wie er versuchte, beim Antworten nicht
mit den Zähnen zu klappern.
„Nö, wie so? Ich hab´ doch die schwarze.“
Vielleicht sind Jacken per se uncool, dachte ich. Aber eine
schnelle Überprüfung (in unserer Straße liegen 2 Gymnasien) brachte keinerlei
Beweis für diese These.
Was war es also dann?
Ich erinnerte, dass das schon immer Thema war. In jedem zur
Neige gehenden Herbst musste ich schließlich die Bermudashorts verstecken,
damit mein Kind gezwungenermaßen in der morgendlichen Eile zu den langen Hosen
greifen musste. Der Abschied von den Sommerklamotten ist jedes Jahr ein
schmerzhafter und langwierig bis zum ersten Schnee.
Vielleicht weil dünne Shirts und kurze Hosen einfach leichter
sind, weder auftragen noch kratzen, Bewegungsfreiheit gewährleisten und von
besseren Zeiten erzählen? Oder ist das Anziehen selbst eigentlich etwas ganz
und gar Unnatürliches und daher Unangenehmes? Das ließ mich mein Kind zumindest
von Anfang an glauben. Ganz besonders Jacken und – nicht zu vergessen – Socken
scheinen Höllenqualen zu bedeuten.
Ich habe ein Foto meines noch kleinen Sohnes. Sauer und aufmüpfig
schaut er in die Kamera. Die dahinterstehende Mutter musste sich das Lachen
verkneifen. Denn gerade hatte er ihr folgende Worte um die Ohren gefeuert: „Ich
habe meine Socken schon an!“ Einen grandiosen Witz hatte er jedenfalls immer.
Heute liegt draußen sogar Schnee. Das ist sichtbare Kälte. Vielleicht
ist das eventuell Jackenwetter?
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