Freitag, 9. September 2011

Soma - oder: Ab in die Pilze!



"Es ist Pilz-Zeit", sagte der geliebte Mann, als er zur Tür herein kam, und hielt etwas Merkwürdiges in Händen, das ausgesprochen intensiv nach Pilz roch, aber ehr wie ein weißer ... nun, ja ... Kinderpopo aussah.
Ich liebe die Pilzsaison - dieses meditative durch den Wald und das Unterholz Streifen, der Geruch und die schrägen Strahlen der tief stehenden Sonne, das Huscheln und Wuscheln all überall, die leichte Gefahr (wegen der Wildschweine und der Waldtrolle), das Gefühl des Schatz-Suchens und -Findens.



Der weiße Boller entpuppte sich als Riesen-Bowist. Wir schälten ihn, schnitten ihn in Scheiben, panierten in mit Ei und Semmelbröseln, Salz und Pfeffer und brieten die Scheiben in heißem Butterfett. Es schmeckte ... nun ja ... nach in heißem Butterfett gebratener Panade mit einer seltsamen "geschmolzener Marshmallow"-ähnlichen Füllung, die allerdings absolut geschmacksneutral war.
Den nächsten Riesenbowist lassen wir dort, wo er gemeinhin steht, stehen, nämlich im Grün an den Bahngleisen entlang. Da soll er den vorbeifahrenden Zügen nachschauen bis er alt und staubig ist.
Inzwischen waren wir im Wald. Es gab wunderbare Steinpilze und Zecken.


Giant Triple Mushrooms, 2010

Mein Lieblingspilz ist jedoch der Fliegenpilz oder fly agaric mushroom. So etwas Schönes! (Allerdings bin ich kein großer Freund gewisser Webbänder und Stickdateien. Vielleicht weil das Töchterchen inzwischen auch schon viel zu groß dafür wäre, da fehlt mir irgendwie der Bezug.)
Natürlich ist der Fliegenpilz in vielerlei Hinsicht sehr interessant. Soll er einem doch das Fliegen beibringen. Viele Legenden erzählen von Zaubertränken. Einer davon heißt Soma - genauso wie die Ausstellung von Carsten Höller im letzten Jahr im Hamburger Bahnhof im Berlin. Eine Hauptzutat des Soma soll nach neueren Erkenntnissen der Fliegenpilz sein. Allerdings nicht in reiner Form, sondern im Urin eines Lebewesens, das zuvor Fliegenpilz aß. Es gibt Geschichten über sibirische Bauern, die mit Eimern bestückt wartend vor den Häusern der feiernden, vom Fliegenpilzverzehr berauschten Herren saßen, um deren Urin für die eigene Verwendung aufzufangen. Man kann natürlich auch Rentieren mit einem Becher folgen. Die ernähren sich nämlich von Fliegenpilzen und die verbrachten auch einige Tage im Hamburger Bahnhof. Hier gibt es ein wunderbares und wirklich interessantes Video zur Ausstellung.


Upside Down Mushroom Room, Moma N.Y., 2000

Auch andere Objekte Carsten Höllers sind überaus pilzig und Natur-bezogen, kein Wunder, ist er doch eigentlich Naturwissenschaftler. Oder besser: ein in den Naturwissenschaften ausgebildeter Künstler.
Momentan läuft noch bis zum 23. Oktober eine Ausstellung in der Gierisch Stiftung in Neumünster. Garantiert sehenswert. Obwohl er dort mit seinen Arbeiten Sehnsucht, Rausch, Glück, Mythos und Liebe als Konstrukte entlarven möchte. Muss man ja nicht annehmen. Das ist ja das Schöne an Kunst: Jeder darf sie so verstehen, wie er das möchte.
Und dann aber: Ab in die Pilze!



1 Kommentar:

  1. die ausstellung hätte ich gerne life gesehen.
    mit pilzen kenne ich mich nicht aus, daher traue ich mich nicht selber zu sammeln. müssen uns fachkundige ausgen begleiten. ich esse waldpilze aber wahnsinnig gerne. liebe grüße, éva

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