„Warte doch mal! Ich kann das nicht so gut“, rief ich.
„Klar, weil du schon groß bist“, rief sie über die Schulter zurück. „Große können so was nicht.“
Ich glaubte, ein wenig Triumph in ihrer Stimme zu hören, dann war sie um die nächste Ecke gebogen.
„Mama, mach mal Platz!“, kam es von hinten.
Das Söhnchen drängelte an mir vorbei. Ich verlor die Balance und musste einen verbotenen Schritt auf den Boden setzen.
„Das habe ich gesehen“, jubelte es vor mir.
Am Ende des halbstündigen Weges warteten sie auf mich. Sehnsucht im Gesicht. Aber nicht meinetwegen. Neben ihnen bot ein Eisstand seine süßen Waren an.
„Du warst echt eine lahme Ente“, krähte mir mein frecher Sproß entgegen.
„Pst!“, machte seine Schwester. „Wir wollen doch ein Eis.“
„Immer müssen wir fragen“, grummelte mein Sohn. „Immer hat Mama das Geld und darf bestimmen. Dabei weiß ich doch viel besser, ob ich ein Eis brauche oder nicht. Ist doch mein Bauch.“
„Wir sind eben noch Kinder“, sagte meine kluge Tochter.
Ich lächelte sie an und stellte mich hinter die drei Wartenden am Eiswagen.
„Kinder dürfen nämlich nicht selbst bestimmen. Das ist sehr gemein“, hörte ich da mein größeres Kind dem kleineren erklären.
„Aber warum ist das so, wenn es gemein ist?“, fragte das.
Unauffällig drehte ich mich um.
Das bezopfte Wesen zuckte gerade die Schultern. „Wahrscheinlich haben die Erwachsenen ein bisschen Angst vor uns Kindern.“
„Warum?“, wollte mein Sohn wissen.
„Na, weil wir klüger sind. Mama hat sich heute dreimal verfahren. Ich wusste den Weg hierher noch ganz genau.“
Der Kleine nickte. „Ich auch.“
„Balancieren und klettern kann sie auch nicht so gut“, fuhr mein geliebtes Töchterchen fort.
„Stimmt“, freute sich mein Sohn.
„Dreimal je Erdbeer und Vanille“, bestellte ich mit angespannter Stimme.
Wir saßen und schleckten unser Eis. Unauffällig betrachtete ich meine beiden. Sie wirkten völlig unschuldig und mir wollte einfach nichts Kluges zumThema einfallen. Andererseits hatten sie mich ja auch gar nichts gefragt.
Die Sonne schien. Das Eis schmolz schneller, als die Kinderzungen lecken konnten.
„Mama, ich muss Hände waschen“, krähte das Söhnchen.
Ich deutete zum Klohäuschen. „Kannst du dort machen.“
„Ich will nicht alleine“, jammerte das Kerlchen los. „Du musst mit.“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, mein Schatz. Das schaffst du schon. Wer sechs Jahre alt ist, kann allein seine Hände waschen gehen.“
„Sonst bin ich immer zu klein“, meckerte er.
„Ich komme mit“, sagte seine Schwester.
Gemeinsam liefen sie zum Häuschen.
„Wann war eigentlich die Zeit zwischen dafür bist du noch zu klein und das kannst du allein, du bist doch schon so alt?“, hörte ich mein Söhnchen seine drei Jahre ältere Schwester fragen.
„Daran kann ich mich nicht erinnern“, antwortete diese. „Die war, glaube ich, niemals.“
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