Ein ganzes Album meiner Fotografien von der Wiese, findet Ihr hier.
Wandertag –
während diese Ankündigung in der Schule zu Jubel führt,
erntete ich im Zuhause nur einen mitleidigen Blick. Aber: Wandern ist gesund
für Leib und Seele. Besonders für Comicleser und Computernerds. Außerdem kann
man dabei entspannt die heimische Pflanzenwelt kennenlernen. Ich wollte mich
nicht beirren lassen. Schon gar nicht von einem voller Unlust gezogenen
Flunsch.
„Es gibt eine tolle Überraschung. Wir werden großen Spaß
haben“, versprach ich.
„Wobei werden wir Spaß haben?“, fragte das heimkehrende
Töchterchen.
„Wir müssen morgen wandern“, antwortete ihr Bruder. „Echt,
ey! Wandern und Spaß ist ein Paradoxon.“
Ich freute ich mich über die – wahrscheinlich vererbte –
Eloquenz des Söhnchens.
Am Abend vor dem großen Tag wälzte ich verschiedene Werke – den alten Schmeil
aus meiner Schulzeit, einen Kosmos-Natur-Führer und das große Pfadfinderbuch. Mir
war klar, allein mit einem fulminanten Picknick konnte ich mein Versprechen nicht
einlösen. Darum bereitete ich ein Waldquiz vor: Bäume sollten benannt, Kräuter
gesammelt, Tierlosung erkannt, eine Wetterprognose anhand des Wolkenbildes
erstellt und die Himmelsrichtungen bestimmt werden. Das Übliche eben. Als ich
selbst über alles bescheid wusste, legte ich mich zufrieden ins Bett. Ich
beschloss, das Ganze nicht Waldquiz sondern The
secret knowlegde of the nature wariors – level 1 zu nennen.
Darüber hatte ich ganz vergessen, eine Wanderstrecke
rauszusuchen. Nun denn, ein netter Weg, der an einem Bächlein entlang mäandern,
unter schattigen Baumkronen führen und blühende Wiesen kreuzen würde, fände
sich sicherlich auch so. Zu unwegsam durfte er jedoch nicht sein, die
Wanderschuhe des Söhnchens passten nicht mehr und das Töchterchen hatte gar
keine.
Ich wollte mir die Laune nicht verderben lassen und
schleppte meinen mit Proviant, Picknickdecke, Regenzeug, Fernglas und
Quizutensilien vollgestopften Rucksack, mit dem ich normalerweise auf
Fernreisen gehe, ins Auto. Dann setzte ich die muffelnden Kinder dazu. Der
Morgen war nicht mehr ganz so früh, wie ich geplant hatte, eigentlich war es schon
früher Nachmittag. Darum fuhr ich auch nicht so weit. Wir wollten ja in die
Natur.
Die Wiese unter unserer Picknickdecke blühte, Bienchen
summten, ein Bächlein murmelte und die Sonne lachte. Wir aßen Brote und sogar
die Karotten- und Apfelschnitzen, wir lagen auf dem Rücken und guckten in die
Wolken.
„Die sieht aus wie der Kopf einer Mantis“, murmelte das
Söhnchen verträumt.
„Schau mal, die coole Dragon Fly“, sagte das Töchterchen. Wir
schauten der schillernden Libelle nach. „Hey, wie ist denn die Sequoia hierher
gekommen?“
„Vielleicht gab es hier mal ein Arboretum“, mutmaßte das
Söhnchen.
Zum Glück fragte keiner nach der tollen Überraschung. Ich
hatte die Quizfragen sowieso vergessen.
„Mamaschka, erzähl mal eine Geschichte. Irgendwas Lustiges
aus der Zeit als du klein warst.“
Wir kuschelten uns zusammen. Eine Sommerböe spielte mit
unseren Haaren. Ich erzählte.
Das nächste Mal wandern wir bestimmt.
Wer wissen möchte, wie man die Ruhe bewahrt, kann die Kolumne von letzter Woche lesen.
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