Zum Mittwoch meine persönliche Kolumne. Heute wieder ein Text, den ich im letzten Jahr für das Familienmagazin Fratz schrieb: Indianergeburtstag.
„Das wird toll!“, jubelte das Söhnchen. "Stimmt doch Mama, oder?"
Der seltsame
Druck in meiner Brust nahm zu. Es ging um den Indianergeburtstag in einigen
Wochen. Der musste einfach viel, viel besser werden als die Fantasyparty mit Zauberer,
Vampirangriff und echtem Drachen letztens bei Levin.
Mindestens.
Ich nutzte die wenige verbleibende Zeit sinnvoll. Ich
recherchierte spannende Indianerspiele und wilde Stammesrituale, kochte
Bärenpfoteneintöpfe (nach Karl May ja das Leckerste überhaupt) zur Probe und
bestellte eine riesige Pinata in Mexiko, ich bastelte einen lebensgroßen
Pappmacheé-Büffel, bog Bögen, schnitzte unzählige gefiederte Pfeile und
wickelte einen original indianischen Fußball aus unzähligen Stoffbändern.
„Mama, wir Jungs basteln doch nicht“, sagte das Söhnchen. Also
packte ich die vorbereiteten 10 Kreativ-Sets wieder aus und fertigte daraus selbst noch schnell 10 bemalte Lederbeutel und 10 Krallenketten. Außerdem drechselte
ich für jede kleine Rothaut ein Kriegsbeil, während der vor sich hin
schmurgelnde Eintopf seinen penetranten Duft nach Wildem Westen verbreitete.
Am Tag der Tage wollte ich mich eigentlich für eine lange
Zeit in die Einöde der Prärie zurückziehen, um zu ruhen. Doch dann kamen die
Blutsbrüder. Mit wildem Gebrüll zog der Tross in den Park ein. Am vorbereiteten
Plätzchen erkletterte einer der Schwarzfüssigen sofort die luftige Höhe einer Laterne, während die anderen mit Pfeilen um sich schossen.
Mein Mahnen wurde von den
Wilden überhört, geknebelt und an den Marterpfahl gefesselt gab ich wohl keine
überzeugende Figur ab.
Ein grober Kerl mit buntem Kopfschmuck begann aus
unerfindlichen Gründen zu schreien und wurde kurzerhand von der Meute mit dem
original indianischen Fußball ins weite Land Manitus geschossen. Ich wollte
helfen, doch mir waren die Hände gebunden.
Pfeile surrten an mir vorbei. Aus den
umliegenden Gebüschen fiepte und röchelte es. Erst als die rauen Kerle die
Pinata nicht aufgeschlagen bekamen, band man mich los.
Unter dem entsetzten
Aufstöhnen aus 10 verschmierten Schokomündern schlug ich mit dem Stock wie ein
Berserker auf das bunte Krepplama ein. Hinter mir begannen ein paar kleine
Stimmchen zu weinen.
Auf dem Heimweg zum Bäreneintopf kamen wir an einem
Burgerladen vorbei. Ungünstigerweise erinnerten sich die nur beinahe müden
Krieger ihrer Holzbeile. Mit Kriegsgeheul enterte der Stamm die fettigen
Räumlichkeiten, bedrohte die Bedienung und forderte Nahrung. Ergeben bezahlte
ich. Auch die zerschlagene Vitrine mit billigem Plastikspielzeug.
Als endlich alle kleinen Indianer in ihre eigenen Wigwams
zurückgekehrt waren, sank ich erschöpft danieder und genehmigte mir einen großen Schluck Feuerwasser.
„Mama, das war der tollste Geburtstag der Welt“, schwärmte
das Söhnchen.
Auweia, den gilt es im nächsten Jahr zu toppen.
Wer lieber wandern geht, mag zuvor vielleicht die letzte Mittwochs-Kolumne lesen.
Wunderbar! Ich freue mich schon auf den nächsten Geburtstag :-)
AntwortenLöschenHerzliche Grüße
Sabine
Großartig! Ich würde gern von Dir adoptiert werden :D
AntwortenLöschenAlso echt... so was lässt uns Allerweltsmütter echt blöd dastehen ;-)
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