Mittwoch, 23. Juli 2014

Scheisse sagt man nicht – Frau Herden sucht die korrekten Bezeichnungen für den Intimbereich


Als Kind eines Mediziners machte ich nie Pipi oder Kaka. Ich urinierte und defäzierte. Von Anbeginn. Hinterfragt habe ich das lange nicht.
Übrigens auch das zweimalige tägliche Duschen nicht – morgens und abends erst warm, dann kalt. Letzteres habe ich höchstens heimlich vermieden. Gesundheit und Hygiene wurden bei uns sehr groß geschrieben. Selbst wenn wir unterwegs waren und wir uns durch unwirtliches Gebiet, menschenleere Einöden oder anderes gefährliches Gelände schlugen. (Unser Leben der arbeitsfreien Tage meiner Eltern glich tatsächlich dem eines fahrenden Volkes und ich weiß, woher mein unruhiges Blut und mein permanentes Fernweh stammen.) Mit dem Heulen der Wölfe erscholl auch allabendlich der Ruf meines lieben Herrn Papa: „Kinder! Hände, Po und Vulva waschen.“ Dann suchten meine Schwester und ich unsere kleinen Waschbeutel und ein lehmiges Wasserloch in der Dunkelheit, um eben jenes zu tun. Punkt.


Jahre später sprach mich die Kindergärtnerin meiner Tochter an. Ich solle mein Kind doch etwas altersgerechter erziehen. Bass erstaunt fragte ich, was denn los sei. Nun, die Kleine hätte sich an der Schaukel gestoßen und über Schmerzen an der Vulva geklagt. Meine von Unverständnis aufgerissenen Augen ließen sie dann etwas herumdrucksen. Doch schließlich erfuhr ich, dass niemand im Kindergarten gewusst hatte, um welches Körperteil es sich da gehandelt hätte, so dass man genötigt war, den Kinderarzt anzurufen. 
Ich kann nicht sagen, ob es mir tatsächlich gelang, mein Grinsen überzeugend zu verkneifen.

Doch nicht nur Tadel, sondern auch Lob brachte das Verwenden solcher fachlich sachlichen Bezeichnungen. Und so erinnere ich mit Freuden folgende Episode:
ACDC waren noch gar nicht tot, sondern gaben ein Konzert in der Frankfurter Festhalle. Eine wunderbare Gelegenheit für eine ausschweifende Herren-Tour. Damals waren wir mal kurzzeitig zu viert und das Söhnchen noch nigelnagelneu. Der Mann hatte extra einen VW Bus gemietet und so langsam versammelten sich etwa zehn unserer männlichen Freunde in der Küche. Sie freuten sich so und das freute mich. Ganz gerührt betrachtete ich die einstigen Jungs mit den beginnenden Geheimratsecken und den T-Shirts längst vergangener Konzerte durchkreuzt von ausgeblichenen Legekanten.
Da stapfte das knapp dreijährige Töchterchen hinzu, sah sich aufmerksam um und suchte dann ein wenig Sicherheit an meinem Bein. Als plötzlich aus einem seltsamen Zufall heraus das tiefe Gemurmel und Gelache für einen Augenblick zur Gänze verstummte, sprach es in die Stille hinein: „Mama, das sind alles Männer und die haben alle einen Penis.“

3 Kommentare:

  1. *haha* Das hat das Töchterchen gut erkannt!!! =)
    Ich tu mich auch total schwer wie ich das mit den Bezeichnungen mache!!! Meine Tochter nennt das einfach vorne Popo und hinten Popo!! =)
    GLG Dany

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  2. Was für ein toller Beitrag - ich habe herzlich gelacht..

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  3. Schöner Artikel. :)
    Selbiges gilt ja für Fremdwörter.... Entgeisterte Blicke beim erstmaligen Erklären inklusive.
    Dabei haben wir mit dem "Sch" viel größere Probleme als mit Fachausdrücken -.-

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