Menschen saßen schon immer zusammen, am Feuer zum Beispiel
oder beim Quilten. Die Alten erzählten und die Jungen hörten zu. So erfuhren
sie die Geschichten und Legenden des Stammes oder der Familien.
Und lernten.
„Mama, erzähle uns von früher, als du klein und noch jung
warst!“, wurde ich vom eigenen Offspring aufgefordert. Ich erzähle gerne und so
waren wir oft zusammen – im Auto auf großer Fahrt zum Beispiel, beim Durch-die-Landschaft-Laufen
oder Vor-dem-Zelt-Sitzen – und ich erzählte. Je älter die Kids wurden, desto
älter wurde auch die Protagonistin (ich) meiner Geschichten.
Und so begannen die Fehler. In meinen Erinnerungen
schwelgend, erzählte ich nämlich vor lauter Begeisterung hin und wieder zu
viel. Und die Kinder lernten. Saßen da mit offenen Ohren, offenen Mündern und
ich tauchte mit ihnen in jene verrückte Nacht ein, als ich, 14-jährig,
gemeinsam mit einer Freundin heimlich eine wilde Party mit erstem Bier
(schmeckte nicht) und richtigem DJ erlebte. Wir hatten Schlafsäcke dabei und
die Option bei „dem süßen blonden Typen“ zu übernachten. Leider hatte dessen
Mutter etwas dagegen. Darum standen wir plötzlich mutterseelenallein gegen zwei
Uhr morgens zehn Kilometer vom Heimathafen entfernt im kalten Novembernieselregen.
Wir hängten uns die Schlafsäcke über und liefen durch den finsteren Wald nach
Hause. Da sie ja bei mir und ich bei ihr übernachtete, schlichen meine Freundin
und ich uns in den Keller ihres Elternhauses. Nach unserem nächtlichen Marsch
waren wir sehr sehr hungrig. Das Grillen zweier Wienerwürstchen in Aspik aus der
Voratskammer auf einem alten Bügeleisen wollte nicht schmackhaft gelingen.
Notgedrungen hebelten wir mit einem Stemmeisen eine Thunfischdose auf, verschlangen
den öligen Inhalt und entsorgten die Dose hinter einem Haufen Bretter. Dann
versuchten wir eng aneinander gegabelt in den Schlaf zu finden. Vier
fischbegeisterte Katzen, die sich von einem meterhohen Bretterhaufen nicht
entmutigen lassen wollten, und die deutlichen Minusgrade verhinderten das
jedoch. Schließlich gaben wir auf, schlichen ins Bett der Freundin, wo wir nur
wenige Stunden später entdeckt und bestraft wurden.
Vor etwa zwei Jahren brach das Töchterchen zu einem
Übernachten bei einer Freundin auf. Am nächsten sehr frühen Morgen klingelte
das Telefon. Die aufgeregte Mutter einer ganz anderen Freundin meiner Tochter
war am anderen Ende.
„Weißt du, wo unsere Mädchen heute nacht geschlafen haben?“,
fragte sie.
„Also, meine war bei einer Freundin.“
„Ha! Das stimmt nicht. Die waren bei euch im Keller!“
Der Tag wurde von vielen Tränen, Erklärungen und auch einem
Entschuldigungsgang auf das nächste Polizeirevier bestimmt, wo sich die Mädels
bei den beiden Beamten meldeten, die die ganze Nacht lang sämtliche
Facebookfreunde im Umkreis von 30 Kilometern abgefahren waren. Ich war sehr
froh, dass ich diese ganze Nacht seelenruhig geschlafen hatte und von all dem
gar nichts wusste.
„Aber, Mama, das hast du doch damals auch gemacht“, raunte
mir das Töchterchen zwischendurch zu.
„Na und, das ist kein Argument“, sagte ich und versuchte
mich an einer gestrengen Miene.
„Ich kann sehen, dass du lachen musst“, erwiderte das
freche Weiblein und grinste mich an.
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