Freitag, 24. Januar 2014

Lesung in Hannover – Frau Herden kommt ins Fernsehen


"Warum möchte Frau Herden denn ausgerechnet in Hannover lesen", fragte die nette Dame vom Kulturamt.
Hmh. Eine ungewöhnliche Frage. Denn eigentlich lese ich quer durch die Republik, überall dort, wohin mich Schulen und Veranstalter einladen. Doch dieses Mal hatte der Verlag angefragt.
Und das kam so: Natascha Geier, Redakteurin des Kulturjournals beim NDR, war auf meinen Blogpost gestoßen, der ganz wunderbar in ihr kommendes Thema mit dem Arbeitstitel "Arme Kinderbuchautoren" passte. Ob ich neben Kirsten Boje daran mitarbeiten würde, fragte sie an. Natürlich sagte ich zu. Denn inzwischen hatte ich über den Zuspruch zum Post erfahren, wie wichtig es wäre, über dieses Thema einmal zu sprechen. Das hatte ich bis dahin noch nicht getan. Dankbar meinen Traumberuf ausüben zu dürfen, hatte ich meine sehr bescheidene finanzielle Lage still akzeptiert und mich über die Unterstützung wunderbarer Menschen, die an mich glauben, gefreut.
Im Rahmen des Berichts sollte eine Lesung gezeigt werden. Am besten irgendwo im Norden. So kam also die Dame vom Kulturamt ins Bild.
Doch es gab tatsächlich noch einen Grund, warum ausgerechnet Hannover: So oft hatte ich hier am Bahnhof gestanden, die Graffiti betrachtet und gedacht: Warum eigentlich nie Hannover? Warum fahre ich hier immer nur durch? Ich wollte hier gerne einmal aus dem Zug steigen.



"Ich hoffe, das Hotel ist besser als die Bilder im Internet", sagte Franziska Rakel vom Verlag. War es nicht. Ist es wahrscheinlich nie. Und ich merkte, dass ich für einiges inzwischen wohl doch zu alt bin. Ich habe keine Probleme mitten im australischen Busch voller Spinnen, Skorpionen und Bull Ants zu zelten, aber wenn ich beruflich in ein Hotel komme, möchte ich nicht an ein FDGB Ferienheim oder das Auffanglager in Gießen erinnert werden. (Dort verbrachte meine Familie 1983 die erste Woche "in Freiheit", nachdem wir die damalige DDR verlassen hatten. Es war dort nicht schön.) Doch zum Frühstück saß man ganz wunderbar nostalgisch und die Menschen waren sehr nett, so dass ich wohlgemut zur Wilhelm-Busch-Schule aufbrach. (Übrigens feiern Max und Moritz in diesem Jahr ihren 150. Geburtstag. Dazu gibt es ab Februar im Wilhelm Busch Museum Hannover eine feine Ausstellung. Ach, da würde ich gerne so manchen Lehrer hinschicken, der nicht mehr weiß, was Jungenstreiche sind und kleinste Kleinigkeiten, die noch nicht einmal das Wort Streich verdienen, kriminalisiert.)



Das Fernsehen kam und alles brummte. Die Aula war für 150 Kinder vorbereitet, die Kameras wurden aufgestellt, Spots bildeten ein nettes Streiflicht auf dem hinter mir hängenden Vorhang, alles war vorbereitet. Wir hatten noch etwas Zeit, darum drehten wir schnell die Szenen "Frau Herden kommt" und "Frau Herden geht" vor der Tür.
Die Kinder kamen angeflitzt und suchten sich jeweils den tollsten Stuhl. Frau Geier und ich beobachteten das von der Seite, als es zu jenem netten Gespräch kam, das erklärt, warum ich meinen Job (auch) so liebe.
Ein kleiner, sagen wir, etwas pummliger Junge, mit einem Aussehen, das auf viel mehr heimatliche Sonne schließen ließ, als in unseren Breitengraden so üblich ist, fragte mich: "Sind Sie die Autorin?"
"Ja, die bin ich", antwortete ich.
"Und, wie geht es Ihnen so?", fragte er.
"Gut", antwortete ich, weil es stimmte.
Ein Mädchen, dass neben dem Jungen saß, fragte darauf hin: "Sind Sie aufgeregt?" Klar, das war eine berechtigte Frage, das Fernsehen war ja da. Außerdem saßen 150 kleine Menschen auf den Stühlen, die nicht höflich so tun würden, als gefiele ihnen etwas, was sie doof fanden.
"Nein", sagte ich dennoch, denn es war die Wahrheit.
Darauf stumpte der Junge das Mädchen etwas unwillig an und brummelte ärgerlich: "Warum fragst du denn so was?"
"Na, ich habe mir eben Sorgen gemacht", raunte die Kleine zurück.
"Das brauchst du doch nicht. Die hat doch gesagt, es geht ihr gut."



Frau Geier erklärte den Kindern, der sicherste Weg, nicht ins Fernsehen zu kommen, ist der, in die Kamera zu winken. Natürlich fiel es den Kleinen trotzdem schwer, die Kameras gänzlich zu ignorieren. Sehr faszinierend war es für sie auch, dass ein Kameramann gar kein Mann sondern eine Frau war. Vielleicht brachte das ja so manches kleine Mädchen zum Träumen. Besonders beim Quiz, als der Kameramann quasi vor mir lag, reckten die Kids die Hälse. Mich machte das auch etwas nervös. Ich meine, wie sieht das denn aus? So von unten? Trotzdem waren Lesung, Quiz und die Fragerunde einfach schön. Alle hatten Spaß. Ich sah die Kinder gebannt lauschen und die Lehrerinnen lachen. Na, und mir macht es ja eigentlich immer eine Riesenfreude.

"Die Lehrerinnen sagten, Sie hätten beim Quiz sehr viele von den Kindern dran genommen, die sonst immer zu kurz kommen in der Klasse", sagte der Rektor hinterher. Das mache ich mit Absicht, erklärte ich. Ich hab einen Blick für sie. Klar, sie sind ja meine Stadtteilritter und Weltretter. Trotzdem freue ich mich natürlich, wenn ich höre, dass es auch klappte.


Im Anschluss hatten wir das Interview zum Thema. Ich beantwortete Frau Geiers Fragen (wie es meine Art ist, ;-)) sehr ausführlich. Nun bin ich natürlich sehr gespannt, wie das alles zusammengeschnitten wird. Das Kulturjournal zum Thema wird wahrscheinlich in der dritten Februarwoche ausgestrahlt.


Beim Verabschieden drückte mir der Rektor noch einmal seine Begeisterung aus. Das freute mich natürlich sehr. "Warten sie nur ab", sagte er. "Sie werden noch einmal eine ganz große Kariere machen."


Viel Zeit für die Stadt selbst blieb mir dann leider nicht mehr. Aber eine nette Entdeckung machte ich: Es gibt eine Markthalle. Ich liebe Markthallen und aß dort sehr fein zu (Nach)Mittag.


2 Kommentare:

  1. Ach, Antje, es tut mir wirklich Leid, dass ich es nicht wusste, dass du kommst. Vielleicht meldest du dich nächstes mal? Diese bescheidene Provinzstadt hat einige verborgene Schönheiten, selbst im Winter. Lg, éva

    AntwortenLöschen