Samstag, 17. Juni 2017

Die Mutter-Kolumne – Verwöhnen tut nicht gut! Wer sagt das denn?

Kennt Ihr den Papalagi? Das bist Du, das seid Ihr und wir und ich betrachtet durch die erstaunten Augen eines fiktiven Südseehäuptlings. Alltäglichkeiten, die schon immer so waren, die man einfach so macht, die doch richtig sind, erscheinen in dessen Worten plötzlich gar nicht mehr so normal und logisch, allenfalls witzig oder absurd manchmal sogar falsch. So etwas mache ich jetzt auch. Jeden Monat in der eltern.family nehme ich mir eine Selbstverständlichkeit aus dem Leben mit Kindern vor und frage mich: Klar, alle machen das so, aber wieso eigentlich.



Wir hatten nie viel Geld. Aber es gab ja Kinderflohmärkte. Von denen schleppte ich Beutel voller Bücher, CDs, Comics, kleine Spielwelten, Püppchen, Plastikroboter, Legofiguren und Ähnliches ins Zuhause. Erstens bin ich eine Schatzsucherin und zweitens, und noch viel wichtiger, gab es nichts Schöneres, als meinen Kindern eine Freude zu machen.

„Omi sagt, du verwöhnst uns“, meinte das Töchterchen eines Tages.
„Und Opo sagt das auch“, krähte das Söhnchen hinterdrein.
„Wenn Kinder zu sehr verwöhnt werden, dann können sie keine guten Menschen sein. Sie wissen nichts von wertvollen Dingen und verschwenden alles“, ergänzte das niedlich bezopfte Wesen der Kinderschar.
Mein Sohn nickte gewichtig dazu.
Himmel, wenn einem schon die eigenen Kinder sagen, dass man sie zu sehr verwöhnt, dann muss da viel Wahres dran sein. Ich selbst war auch schon etwas unsicher geworden.
Gedankenverloren stieg ich mehrfach über die Schlange aus Playmobilszenerien, Cowboy-Forts, Polly Pocket Häuschen und Legoaufbauten, die sich meterlang durch unsere Wohnung wand. Die Kinder hatten sie tagelang in versunkener Lust aneinandergereiht, glücklich über jede Station und jedes einzelne Figürchen, das sie hinzufügen konnten. Seitdem bespielten sie sie, sobald sie nach Hause kamen. Nun schien diese Spielzeugschlange der anklagende Beweis für mein pädagogisches Fehlverhalten zu sein.

Seufzend strich ich die nächsten Flohmarkttermine aus meinem Kalender. Dann leerte ich die Belohnungskiste. Dabei hatte ich die als eine ganz besonders clevere Möglichkeit des Schenkens eingeführt. Meine Lieben durften sich nämlich jedes Mal etwas herausnehmen, wenn sie etwas gut gemacht hatten. Okay, manchmal auch, wenn sie einfach etwas gemacht hatten. Ihr Zimmer aufgeräumt, zum Beispiel, oder wenigstens die dreckigen Socken neben die Waschmaschine gelegt hatten. Also gut, einen Socken.
Eigentlich wusste ich ziemlich genau, was meine Eltern meinten.

Meine Kinder allerdings nicht. Nur wenige Tage später erlauschte ich zufällig das Gespräch im gemeinsamen Bade.
„Die Belohnungskiste ist ganz leer“, raunte das Söhnchen.
„Ja, das habe ich gesehen“, meinte das Töchterchen.
„Jetzt müssen wir nicht mehr Zimmer aufräumen, wenn wir ein kleines Geschenk wollen“, hoffte mein Sohn.
„Nee. Das kann nicht sein. Ich glaube, wir kriegen keine kleinen Geschenke mehr“, vermutete meine Tochter. „Wir hätten Mama nicht das mit dem Verwöhnen sagen dürfen.“
„So was Doofes“, schimpfte das Söhnchen.
„Wir hätten lieber das andere erzählen sollen, was Omi auch gesagt hat“, überlegte das Töchterchen.
„Du meinst das mit dem Kea... Kreta... Du weißt schon, was ich meine“, fauchte das Söhnchen, wütend über den doppelten Unbill, erst sich die Geschenke vermasselt zu haben und dann das rettende Wort nicht aussprechen zu können.
„Mhm“, machte das Töchterchen. „Dass wir beide so dolle kreativ sind und immer so schön miteinander spielen.“

Mehr musste ich nicht hören. Voller Glück und Liebe hüpfte ich über die Windungen der Spielzeugschlange ins Wohnzimmer und füllte die Belohnungskiste bis zum Rand.

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