Mittwoch, 7. Januar 2015

Mehr Glamour – der alljährlich scheiternde Versuch


Vorgestern schrieb ich im Facebook über meinen ersten 2015er Jogginganlauf. Darin erwähnte ich auch meine schlabbrige Jogginghose, die ich dabei trug. Die hatte ich bewusst gewählt. Zum Ersten hält die ein wenig warm und war auch gerade sauber, außerdem besitze ich keine Lauffunktionskleidung. Ich laufe nämlich weder besonders oft noch sehr weit. Selbst als wir uns vor ettlichen Jahren kilometer- und stundenlang durch die heimischen Wälder quälten, trug ich eine Jogginghose dieser Art. (Vielleicht gab es damals aber auch noch keine Lauffunktionskleidung für Jedermann, das weiß ich nicht mehr.)
Jedenfalls kommentierte ein lieber Kollege, dass ich im beschriebenen Outfit auch zu einer Lesung hätte unterwegs gewesen sein können. Beweise der Richtigkeit dieses Kommentars sind die unzähligen Lesebilder, die ich im letzten Jahr veröffentlichte. Eigentlich um das Vorlesen populär zu machen und dem Ganzen mehr Glamour zu verleihen.
In der Jogginghose?, mag der eine oder die andere zu recht fragen.

Darum also der große Plan: Mehr Glamour! Mae West sagte einmal: „Wie Nächstenliebe sollte auch Glamour in den eigenen vier Wänden beginnen." Also räumte ich zuallererst unsere Bude auf.
“Und? Was sagt ihr?”, fragte ich den gemütlich flegelnden Nachwuchs erwartungsvoll erregt.
“Wozu?”, kam die gleichgültige Antwort.
“Na, zu der supertoll aufgeräumten Wohnung, in die der Glamour nun einziehen wird!”
“Ach, du hast aufgeräumt?” Und nach einem lässigen Blick durchs Ambiente: “Toll.”
Als die beiden etwas später irgendwoanders hingegangen waren, hatten sie auch das glamourbereite Aufgeräumte mitgenommen und etwas dagelassen, das mir ein leicht verzweifeltes Stöhnen entlockte. Ich zog die Jogginghose an und räumte es wieder weg.

Für den Glamour am Leibe hatte ich mir drei Kleider gekauft. Zumindest schon einmal das. Die lagen allerdings noch unanprobiert etwas traurig herum, während ich die Jogginghose nicht nur zum Laufen und Aufräumen trug. Dabei hatte ich unter dem Kommentar des lieben Kollegen mit diesen neuen Kleidern sogar schon angegeben.
Nach dem Aufräumen schlüpfte ich also probeweise hinein. Doch dann legte ich sie schnell in die Einkaufstasche zurück. Eines war kein bisschen glamourös, eines hatte ein sehr auftragendes Muster und eines sah an den Schultern irgendwie komisch aus. Das musste ich mir trotz hoffnungsvollem Gezupfes schließlich eingestehen.

Außerdem drang ganz deutlich ein Lachen vom Sofa. Da saß doch noch jemand, hatte sich ungesehen in die Kissenlandschaft gemorpht und zockte irgendwas auf dem Smartphone. Das Lachen tat mir weh. Denn der, der dort saß, war eigentlich jemand grundsätzlich Wohlwollendes, zumindest von mir und meiner guten Laune Abhängiges, wollte von mir versorgt und gepflegt werden und war mein eigen Fleisch und Blut.
„Hast du etwa gerade gelacht? Über mich?“
„Nein, warum sollte ich?“
„Vielleicht wegen der Kleider.“
„Quatsch. Aber vielleicht sind die ein bisschen eng.“
„Eng?“ Also, das war mir gar nicht aufgefallen. „Hey, ich habe sieben Kilo abgenommen!“
„Echt? Das sieht man gar nicht.“
„Vielleicht weil der Zeitraum von fünf Monaten etwas lang war und du mich jeden Tag siehst“, fauchte ich.
„Mama, beruhig dich mal. Ich fand dich vorher doch auch nicht zu dick.“ Dann stand er auf und kam auf mich zu. „Ich glaube, du brauchst jetzt mal eine Umarmung.“ Nicht mehr lange und er wird größer sein als ich. Seltsam. “Mama, ehrlich, du siehst toll aus. Egal was du anhast.“
Glamour funktioniert irgendwie anders, aber die Nächstenliebe ist hier in der Bude ganz groß.

1 Kommentar:

  1. Was nützt uns die der größtmögliche Glamourfaktor, wenns an Nächstenliebe fehlt?..... nee Du, sei froh wies ist und komm nicht auf die Idee tauschen zu wollen....... aber ich kenns ja auch... oft denke ich, ich könnte mich mal ein bisschen mehr aufrüschen.... dann zieh ich was an, guck in den Spiegel und denk wieder "aber das bin ja gar nicht ich".... dann lass ichs wieder :)

    danke für Deine Kolummne, sie hat mich (mal wieder!) sehr zum Schmunzeln gebracht

    Liebe Grüße,
    Pamy

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