Sonntag, 10. April 2016

Die Mutter-Kolumne – Kinder brauchen eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Ha! Der ist gut.

Kennt Ihr den Papalagi? Das bist Du, das seid Ihr und wir und ich betrachtet durch die erstaunten Augen eines fiktiven Südseehäuptlings. Alltäglichkeiten, die schon immer so waren, die man einfach so macht, die doch richtig sind, erscheinen in dessen Worten plötzlich gar nicht mehr so normal und logisch, allenfalls witzig oder absurd manchmal sogar falsch. So etwas mache ich jetzt auch. Jeden Monat in der eltern.family nehme ich mir eine Selbstverständlichkeit aus dem Leben mit Kindern vor und frage mich: Klar, alle machen das so, aber wie so eigentlich?



Seit das Töchterchen nach der ersten Mörenbreizufütterung vehement nach mehr verlangte, halten mich die Folgen dieser Forderung seit mittlerweile 17 Jahren in Atem, gilt es doch, den Kindern jeden Tag gesunde Kost zu servieren. Um es vorweg zu nehmen, hätte ich keinen Sohn mehr bekommen, hätte es vielleicht auch geklappt.

Ich kochte breiige Wochenvorräte aus Möhren, Kartoffeln und Hühnchen, zerdrückte Avocados und Bananen, rieb Äpfel und verabreichte Fenchelsegmente mit Stiel als Lolliersatz. Es lief gut. Ich war stolz auf mich, ich machte es richtig.

Doch eines Tages saßen wir am Bondi Beach. Ich hatte mir eine Tüte Fish und Chips gekauft. Das Töchterchen, inzwischen zehn Monate alt, gab so lange keine Ruhe, bis ich ihr eine der dicken Schnitzen ins sandige Händchen drückte.
„Süße, daran kannst du herumsaugen, während ich in Ruhe speise.“
Ha! Erstens erpresste sie mich mit Geschrei, bis ich ihr die Hälfte von allem abgegeben hatte und zweitens konnte ich nie wieder in Ruhe essen. Hatte sie mir zuvor mit großen Augen beim Essen nur zugeschaut, verlangte sie nun lauthals ihren Anteil daran. Meist den größeren.

Zu Beginn hatte ich ein schlechtes Gewissen, versteckte mich beim Essen von Ungesundem. Doch irgendwann gewahrte ich die Vorteile. Es war so unterwegs viel unkomplizierter, keine Babaynahrung musste mitgeschleppt werden, wir waren spontan und frei. Meistens aßen wir gesund, nun auch ich, und die Kleine entwickelte sich prächtig.

Dann wurde mein Sohn geboren.
Auch er hatte den Moment, der alles veränderte. Die Möhrenbreiphase war abgeschlossen, es verlangte ihn nach einem Obstjoghurt. Ich weiß nicht mehr, was ich tat, während er in seinem Kinderstühlchen vor sich hinlöffelte. Es schien mir jedoch Stunden später, da er „Fertig!“ krähte.
Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, als ich am Boden des sauberen Bechers die völlig joghurtfreien Obststückchen liegen sah. Wie hatte er das gemacht? 
Bis heute ein Rätsel.
Bis heute zum Verrücktwerden. 
Es zeigte sich, dass der Speiseplan meines Sohnes nur zehn Variabeln entwickeln würde: Schokocremebrote, Garnelensushi, Gurke, Nudeln ohne Soße, Breaburn-Äpfel, japanische Suppen, Pizza, Putenbrust mit Pommes, Hamburger (nur Fleisch und Ketchup), Gemüsesuppe. Einmal waren es elf gewesen. Aber nur solange bis er wusste, dass Bärchenwurst Geflügelmortadella ist.
Wie soll man mit diesen Vorgaben, die Rolle als gute Mutter erfüllen?

Ich gab nie auf. Stehe seit Jahren in der Küche, koche, brutzle und arrangiere gesunde Speisen aller Art und scheitere täglich. Denn wer erfragt die eigentlich?
Mein Sohn nicht. Er isst Schokocremebrote, japanische Nudelsuppen und Breaburn-Äpfel und wächst trotzdem, auch an den richtigen Stellen. Er kann klar denken, hat weder Hautausschläge noch sonstiges Organversagen und auch keinerlei Intoleranz. Außer gegenüber einer gesunden und ausgewogenen Kost.

Letztens sagte er: „Mama, gib dir doch nicht immer so viel Mühe. Wenn ich mal ausziehe, esse ich sowieso nur noch Fertigkram.“
Es wird wohl Zeit, mich langsam zu entspannen.

1 Kommentar:

  1. Oh, ja, das könnten wir sein! Sohn eins isst wie dein "Töchterchen", Sohn zwei lehnt jedoch so vieles ab, dass mein komplettes Standardrepertoire beim Kochen ausfällt. Und seit die Familie zu 50% vegetarisch leben möchte, wird es noch schwieriger. Und meine Vorliebe für ausgefallene Salate - die hier nur unter dem Schlagwort Honig-Senf-Sauce rangeiren - teilt hier eh niemand, die mache ich nur für mich allein. Aber beim Backen, da sind sich alle einig. Deshalb gibt es ziemlich oft Kuchen bei uns. Der schadet weder der Figur der Kinder noch der des schlanken Mannes. Nur meinen eigenen Hüften :-)

    Ganz liebe Grüße!
    Regina (die, die auch keine Rautenpullunder im Kinderkleiderschrank hat)

    AntwortenLöschen