Mittwoch, 12. November 2014

In der Liebe soll alles erlaubt sein – oder: Ist Frau Herden ein Freak?



Letztens erzählte mir ein Exfreund, ein anderer meiner Exfreunde hätte ihm mal eine ziemlich verrückte Geschichte über mich erzählt. Demnach hätte ich mir an einem denkwürdigen Abend die Haare abgeschnitten, sie in eine Schale gelegt und quasi zeremoniell verbrannt, während er versuchte, seine Geburtstagsparty zu schmeißen. Alle Gäste seien jedoch geflohen.
Im ersten Moment musste ich ob der Absurdität lachen. So etwas esoterisch Angehauchtes würde ich niemals tun. Haare in einer Schale verbrennen, also echt! Außerdem weiß man doch, dass so ein Geruch tagelang in der Bude hängen bleibt und ich hasse es ja schon, wenn man am nächsten Morgen noch das gebratene Steak des vorangegangenen Abends riechen kann.

Doch dann begann ich zu grübeln. Nicht darüber, warum sich zwei meiner Exfreunde Geschichten über mich erzählen, obwohl es das sicher auch wert gewesen wäre, sondern ob es nicht sein könnte, dass diese Sache tatsächlich passiert war. Ehrlich gesagt, ich wurde immer unsicherer.

Ich neige zur Hysterie, das gebe ich unumwunden zu. Alles andere wäre ja auch albern, immerhin gibt es Zeugen. Ich erinnere einige sehr, nun ja, kindische Handlungen meinerseits im Namen der Liebe.
Die allererste davon war, als ich mit schwarzer Farbe und einem sehr breiten Malerpinsel „Ich hasse Fußball!!!“ über die gesamte weiße Wand im Zimmer meiner ersten großen Liebe schrieb, weil die nicht nur selbst spielte sondern auch noch Fremdspiele anschaute und die Kinder des Vereins trainierte. Damals war ich fünfzehn und hatte verdammt viel Zeit, das muss man verzeihen, finde ich. Außerdem war es sehr lehrreich, als der riesige Schriftzug auch nach dem fünften Mal Überstreichen wieder durchkam.

Einmal erzählte ich selbst solcherlei Erlebnisse einem späteren Freund. Daraufhin begann er zu hoffen, eines Tages vielleicht auch Ziel solcher emotionalen Ausbrüche zu sein, denn dann würde ich ihn ja so sehr lieben, wie ich nur konnte und wie die anderen vor ihm. Als es dann endlich so weit war, weinte er. Vor Freude, wie ich hoffte. Obwohl er dazu eigentlich keinen Grund hatte. Er hatte im Vorfeld dermaßen mit meinen Gefühlen gespielt, dass die sich volle Lotte Bahn brachen, als er das Skiurlaubszimmer im einsamen Bergdorf endlich Richtung Kneipe verlassen hatte. Ich wusste um seine Schwächen: Er hasste es, sich nicht rasieren zu können oder trockene Haut zu haben und liebte seine Schuhe. Also leerte ich den Rasierschaum im Waschbecken aus, zerbrach alle Rasierklingen und schmiss sie hinterher, dann drückte ich den kompletten Inhalt seiner Bodylotion in die teuren Lederschuhe. (Wozu er die überhaupt mit hatte, hatte ich sowieso nicht verstanden.) Irgendetwas schrieb ich auch noch an den Spiegel, das ist mir aber entfallen.
Nur eine Minute später tat mir sehr leid, was ich getan hatte. Eine liebe Freundin half mir, das Ganze wenigstens ein bisschen wieder in Ordnung zu bringen. Er nahm es im Großen und Ganzen mit Humor und schenkte mir drei Wochen später eine „Ärgerbox“ zu Weihnachten: ein Schuhkarton gefüllt mit Rasierschaum, Bodylotion und Rasierklingen. Ich fand das unheimlich süß. Damals war ich siebzehn.

Es gab andere dumme Sachen, die ich aus lauter Liebe tat, und die mit den Jahren immer ausgefeilter und zum Teil auch spektakulär waren. Die möchte ich hier jedoch nicht weiter erörtern. Aber das Abbrennen meiner abgeschnittenen Haare in einer Schale?

Eines Nachts schnitt ich mir tatsächlich mal ganz spontan die Haare ab. Ich war verzweifelt, es hatte einen schlimmen Streit oder eine andere Verletzung und etwas zu viel Wein gegeben, und ich weinte vor mich hin. Dennoch musste ich mal zur Toilette. Als ich vor dem Spiegel stand und mein verheultes Gesicht anstarrte, wurde ich sehr wütend über diese Frau da drin. Wie die überhaupt aussah! Ich griff zur Schere. Danach war die Frau im Spiegel noch immer verheult, hatte aber zusätzlich eine sehr hässliche Frisur.
Doch die Haare dann abbrennen? In einer Schale? Womöglich eine für den Salat oder aus Edelstahl? Plastik wäre ja ziemlich dumm und mit überbordender Emotionalität nicht mehr zu entschuldigen gewesen. Außerdem weiß ich ganz genau, dass ich niemals einen Geburstag mit diesem Exfreund feierte. Wir zelebrierten nämlich eine Sommerliebe und er wurde dareinst im Winter geboren.

Trotzdem. Es ist irgendwie gruselig, dass man mir Geschichten einreden könnte, die ich angeblich erlebt habe, weil ich mich nicht mehr an alles und jedes ganz genau erinnern kann.
Ich sollte dringend mit meinen Memoiren beginnen.

1 Kommentar:

  1. du liebe zeit ...bist du kreativ...;-D..hahahaha....aber beruhige dich, ich kann mich auch nicht mehr an alles erinnern was früher so passiert ist und grübele auch immer, ob es denn tatsächlich so war, wie es mir da erzählt wird...;-)
    liebe grüße brigitte

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